Wir leben in einer Gesellschaft, die zielstrebig auf einen neuen großen Krieg zusteuert. Eigentlich hätte man ja schon nach dem Ersten Weltkrieg der Meinung sein können, dass die Menschheit daraus gelernt hat, aber leider ist das Gedächtnis doch oft sehr kurz.
Auch heute gibt es wieder Stimmen in unseren Gewerkschaften, die die Kriegskredite unterstützen und sich über die »gut« bezahlten Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie freuen. Anstatt in die Auseinandersetzung zu gehen, damit auch die Arbeiter*innen in Logistik, Küche und an der Kasse von ihrer Arbeit leben können. Rüstungsausgaben bedeuten nicht nur einen Verzicht auf Bildung, Kultur, öffentlichen Verkehr und Sozialstaat, sie bereiten auch den Weg in den Krieg. Bezahlen werden wir wohl am Ende wieder mit dem Blut unserer Kinder.
Im Sommer 1916 gab es in Braunschweig die sogenannten Hungerstreiks. Anfang 1918 gab es dann im ganzen Deutschen Reich die Streiks in der Rüstungsproduktion. Rund eine Million Kolleginnen und Kollegen legten für teilweise zehn Tage die Arbeit nieder und forderten Frieden und Brot. Sie taten dies gegen den erklärten Willen des Vorstandes des Deutschen Metallarbeiterverbands. Dieser unterstützte noch die Burgfriedenspolitik der Sozialdemokratie. Die Streiks wurden niedergeschlagen und viele Tausend der streikenden Rüstungsarbeiter als Strafe an die Front geschickt. Sie bezahlten ihren Kampf für den Frieden mit dem Tod. Aber sie waren auch der Zündfunke für ein Umdenken großer Teile der Arbeiterschaft. Sie säten die Erkenntnis, dass die arbeitenden Menschen im Krieg nichts gewinnen außer Elend und Tod. Wir stellen uns voller Optimismus in ihre Tradition.
Lars Hirsekorn (IG Metall) ist Betriebsrat bei VW Braunschweig.