München. Lisa Poettinger will Klage gegen den Freistaat Bayern einreichen, um Zugang zur praktischen Lehramtsausbildung zu erhalten. Das erklärte die Klimaaktivistin auf einer Pressekonferenz am Freitag in München. In ihrem juristischen Konflikt mit dem bayerischen Kultusministerium geht sie demnach in die Offensive.
Das Kultusministerium hatte Poettinger im Februar die Zulassung zum Referendariat verweigert. Der Klimaschutz an sich sei nicht das Problem, hieß es zur Begründung. Bayern attestiert der Aktivistin eine »mangelnde charakterliche Eignung« und bezieht sich dabei auf ihre angebliche Mitgliedschaft in einer »linksextremistischen Gruppierung«. Gemeint ist das »Offene Antikapitalistische Klimatreffen München«, das der bayerische Verfassungsschutz als »linksextrem« einstuft.
Ebenfalls zur Begündung der Nichtzulassung nannte das Ministerium zwei Strafverfahren gegen Poettinger. Eines endete bereits mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen, weil die Aktivistin ein AfD-Plakat abgerissen hatte. Das zweite Verfahren läuft noch und betrifft ihre Teilnahme an Protesten gegen den Kohleabbau in Lützerath, bei denen ihr Widerstand gegen Vollstreckungsbeamt*innen vorgeworfen wird.
Aus Sicht ihrer Anwältin Adelheid Rupp verstößt das Vorgehen Bayerns gegen das Grundrecht auf freie Berufswahl, denn ohne Referendariat und das zweite Staatsexamen ist eine vollwertige Lehrertätigkeit an staatlichen, kommunalen oder privaten Schulen unmöglich. Derzeit arbeitet Poettinger im Kindergarten und als Schulbegleiterin, was ihrer Qualifikation nicht entspricht und sie in einer beruflichen Unsicherheit belässt.
Rupp war einst SPD-Landtagsabgeordnete und später Landesvorsitzende der Linken[1]. Sie hatte in der Sache bereits einen Eilantrag an das Verwaltungsgericht gestellt, der aber abgewiesen wurde.
Unterstützt wird Poettinger von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Linkspartei, die einen politisch motivierten Einschüchterungsversuch vermuten. Die GEW-Bayernchefin Martina Borgendale und die Linke-Bildungspolitikerin Nicole Gohlke zogen auch einen Vergleich zum verstorbenen Papst Franziskus, der »niemals in Bayern Lehrer geworden wäre«, da auch er den Kapitalismus kritisiert und sich für Klimaschutz eingesetzt habe. Wie Poettinger hatte Franziskus den Begriff »Profitmaximierung« verwendet[2] – das macht ihr das Kultusministerium nun zum Vorwurf.
Trotz aller Widerstände zeigen sich Poettinger und ihre Anwältin kämpferisch. »Die Chancen sind hervorragend, wenn man die Entscheidungen der Bundesgerichte ansieht und wie andere Bundesländer mit solchen Fällen umgehen«, erklärte Rupp laut einem Bericht in der »Süddeutschen Zeitung«[3]. Poettinger selbst rief zu Demonstrationen am 1. Mai auf und betonte: »Jetzt sehe ich, wie existenziell es ist, wenn einem der Beruf genommen wird.« nd