nd-aktuell.de / 12.02.2002 / Brandenburg

Ostbezirken fehlt Geld, um Geld zu sparen

Kita als Kostenfaktor in Marzahn-Hellersdorf

Andreas Fritsche
Das Land Berlin muss sparen. Auch Marzahn-Hellersdorf wird sparen müssen. Aber wie? fragt sich Klaus-Jürgen Dahler, Fraktionschef der PDS im Bezirk. Bei den Sachausgaben könne nicht gekürzt werden. Da finanziert der Bezirk mit knapper Not die gesetzlichen Pflichtaufgaben wie Sozialhilfe und Schulen. Bleibt das Personal. Der rot-rote Senat will im öffentlichen Dienst Stellen abbauen. Durch Fluktuation frei werdende Arbeitsplätze sollen nicht mehr besetzt werden.
Von den etwa 5000 öffentlich Beschäftigten in Marzahn-Hellersdorf würden laut Dahler in den nächsten drei bis vier Jahren nur etwa vier Prozent durch Rente oder Vorruhestand ausscheiden. Das genügt offenbar nicht. Beziffern möchte Dahler den notwendigen Personalabbau allerdings noch nicht. Einen Ausweg sieht er jedoch schon. Wenn die Hälfte der kommunalen Kitas in freie Trägerschaft kommt, wie die Koalitionsvereinbarung es vorsieht, könnten zahlreiche Erzieherinnen aus dem Öffentlichen Dienst ausscheiden. Doch um hier Geld zu sparen, muss der Bezirk erst einmal kräftig investieren.
Beim Übergang einer Kita in freie Trägerschaft erlösche die Erlaubnis, diese Einrichtung zu betreiben, erklärt PDS-Fraktionsvize Torsten Kläring. Eine neue werde oft erst erteilt, wenn die Kitas nach modernen Anforderungen umgebaut sind. Dazu gehören zum Beispiel Brandschutztüren oder Feuerleitern. Das koste pro Kita 100 000 Euro und mehr- Geld, das Marzahn-Hellersdorf nicht hat. »Woher es kommen soll, muss geklärt werden«, meint Kläring. Ohne zusätzliche Hilfe des Senates werde nichts zu machen sein. Zudem dürfe es nicht so werden, dass die Kitas der freien Träger die schönen und die kommunalen die baufälligen sind, findet die PDS. Dahler verweist aber darauf, dass es langfristig Geld spare, kommunale Kitas an freie Träger zu übergeben. Saniert werden müsse früher oder später ohnehin.
Sanierungsbedürftig sind auch die meisten Kitas im Nachbarbezirk Lichtenberg. Auch hier fehlt es an Geld, aber nicht an einer Idee. PDS-Politiker Michael Grunst und SPD-Fraktionschefin Kerstin Beurich-Kusche arbeiteten gemeinsam mit Sozialarbeitern ein Diskussionspapier zur Jugendpolitik aus. Darin ist von der Hilfe durch Berufsprojekte die Rede. So könnten Lehrlinge in staatlichen Ausbildungsmaßnahmen auch in einer Kita das Mauern üben, erklärt Grunst. Er plädiert dafür, Kitas freier Träger als Chance für mehr Qualität zu begreifen und nicht nur auf die Kosten zu schauen. Allerdings berichtet Grunst von »Vorurteilen« und erheblichen Widerständen gegen die Überführung kommunaler Kitas in freie Trägerschaft. Erzieherinnen fürchteten um ihren Job, Eltern um die Qualität.
Sicher planen können die Bezirke erst, wenn klar ist, wieviel Mittel sie vom Land bekommen. Ein Beschluss des Abgeordnetenhauses über den Landeshaushalt ist erst für den 27. Juni vorgesehen.