nd-aktuell.de / 22.07.2009 / Ratgeber / Seite 4

Bundessozialgericht: Insolvenzgeld ist bei der Berechnung von ALG II einzubeziehen

Hartz IV

Insolvenzgeld ist als Einkommen auch bei der Berechnung des ALG II zu berücksichtigen. Das Insolvenzgeld fällt unter keine der in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausdrücklich geregelten Ausnahmen von der Einkommensanrechnung.

Zwar kann man mit guten Gründen argumentieren, dass das Insolvenzgeld das im Insolvenzgeld-Zeitraum ausgefallene Arbeitsentgelt ersetzen soll und insofern einem anderen Zweck dient als das ALG II. Nach dieser Auffassung wäre das Insolvenzgeld anrechnungsfrei nach § 11 Abs. 3, wenn es die Lage des Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflusst, dass die ALG-II-Zahlung nicht mehr gerechtfertigt wäre.

Das BSG entschied jedoch anders: Das Insolvenzgeld ist laut BSG keine zweckbestimmte Einnahme, da dem Leistungsempfängern kein »Verwendungszweck« vorgegeben ist und er bei der Verwendung des Insolvenzgeldes frei ist. Das Insolvenzgeld ist sogar dann anzurechnen, wenn es – wie im verhandelten Fall – verspätet ausgezahlt wird und nur deshalb in die Zeit des ALG-II-Bezugs fällt. Eine verspätete Zahlung von Sozialleistungen führt nicht dazu, eine Ausnahme vom Zuflussprinzip anzunehmen, so das BSG.
(Az.: B 4 AS 29/08 R vom 13. Mai 2009)

Vermögensfreibetrag für Kinder nicht »übertragbar«

Bekanntlich ist von einem vorhandenen Vermögen u.a. »ein Grundfreibetrag in Höhe von 3100 Euro für jedes hilfebedürftige minderjährige Kind« abzusetzen (§ 12 Abs. 2 Nr. 1a SGB II). Dieser Freibetrag kann aber nicht als »Kinderfreibetrag« der Bedarfsgemeinschaft angesehen werden, der der Bedarfsgemeinschaft insgesamt zusteht und unabhängig vom tatsächlichen Vermögen des Kindes gewährt wird.

Mit anderen Worten: Die Vermögensfreibeträge von Eltern und Kindern dürfen nicht zu einem Gesamt-Freibetrag zusammengezählt werden. Vielmehr ist für jedes Kind eine individuelle Vermögensprüfung durchzuführen.

Übersteigt das individuelle Vermögen des Kindes den Freibetrag, dann ist es nicht bedürftig und fällt aus der Bedarfsgemeinschaft heraus. Hat das Kind kein Vermögen, entfällt der Grundfreibetrag fürs Kind ganz. Hat das Kind nur geringes Vermögen, dann verfällt der nicht ausgeschöpfte Teil des Freibetrags. Nicht ausgeschöpfte Freibeträge können also nicht auf die Eltern übertragen werden.

Das BSG begründet seine Entscheidung mit dem Sinn und Zweck der Regelung sowie mit der Entstehungsgeschichte: Im ursprünglichen Gesetzentwurf war überhaupt kein Vermögensfreibetrag für Kinder vorgesehen. Dieser (§ 12 Abs. 2 Nr. 1a SGB II) wurde erst im weiteren Gesetzgebungsverfahren eingefügt zum Schutz des Vermögens des Kindes (und nicht zum besseren Schutz des Vermögens der Bedarfsgemeinschaft insgesamt).
(B 4 AS 58/08 R vom 13. Mai 2009)

Kindergeld und 30-Euro-Pauschale

Der 30-Euro-Absetzbetrag für private Versicherungen steht Volljährigen zu sowie auch Minderjährigen, soweit sie nicht mit volljährigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben (§ 3 Nr. 1 ALG-II-Verordnung alt, jetzt § 6 Abs. 1 Nr. 1). Das BSG hat nun entschieden, wie diese Freibetragsregelung anzuwenden ist, wenn der Bedarf eines Kind durch Kindergeld und weitere Einnahmen wie insbesondere Unterhaltszahlungen gedeckt ist und das Kind daher nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehört. In diesen Fällen wird der Teil des Kindergeldes, der nicht zur Bedarfsdeckung des Kindes benötigt wird, den Eltern als Einkommen zugeordnet. Zuvor ist aber für jedes Kind der 30-Euro-Absetzbetrag für private Versicherungen abzuziehen.

Dadurch vermindert sich das anzurechnende Kindergeld entsprechend und der Auszahlbetrag an die Eltern erhöht sich. Denn, so die Begründung des BSG, die nicht bedürftigen Kinder gehören nicht zur Bedarfsgemeinschaft und sind daher Minderjährige, denen die 30-Euro-Pauschale zusteht.
(B 4 AS 39/08 R vom 13. Mai 2009)

Anteilige Kosten der Unterkunft

§ 41 SGB II legt die Zahlungsabschnitte für das ALG II grundsätzlich auf einen Monat fest. Satz 3 der Vorschrift ordnet an, dass Leistungen anteilig erbracht werden, soweit sie nicht für einen vollen Monat zustehen. Das gilt ohne Einschränkung auch für die Kosten der Unterkunft. Wird beispielsweise am 15. eines Monats ALG II beantragt, dann besteht anteilig ein Anspruch auf Zahlung der KdU für die 2. Monatshälfte. In der Praxis hatten Ämter teils die anteilige Übernahme der KdU verweigert, wenn die Hilfebedürftigkeit begann, nachdem die Miete für den Monat bereits überwiesen worden war.
(B 14 AS 13/08 R vom 7. Mai 2009)