nd-aktuell.de / 01.09.2009 / Politik / Seite 13

Tödliche Hilfe für Afrika?

Martin Ling

Die Diskussion ist fast so alt wie die Entwicklungshilfe selbst: Blockieren die Hilfsgelder gar Entwicklung, weil sie die Eigeninitiative verhindern und die Korruption der Eliten fördern? Der Klassiker »Tödliche Hilfe« stammt aus dem Jahre 1985. Die Autorin und Entwicklungshelferin Brigitte Erler kam zur kategorischen Schlussfolgerung und forderte den sofortigen Stopp. Seit diesem Longseller, der bereits in der 14. Auflage vorliegt, kehrt diese Diskussion mit schöner Regelmäßigkeit wieder, hierzulande zuletzt mit dem Bonner Aufruf »Eine andere Entwicklungspolitik!« Ende 2008 und nun der Streitschrift »Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann« von Volker Seitz. Der Autor ist einer der Unterzeichner des Bonner Appells und fraglos Insider dank seiner langjährigen Tätigkeit als deutscher Botschafter in afrikanischen Ländern. Seine zentrale These: Verantwortlich für die Unterentwicklung sind primär die afrikanischen Eliten, die die Hilfsgelder zur Dekadenz, nicht aber zur Eigeninitiative benutzt hätten. Da ist fraglos viel Wahres dran und dennoch greift die Erklärung definitiv viel zu kurz. Das Versagen afrikanischer Politiker ist erstens alles andere als flächendeckend und zweitens nur eine Seite der Medaille. Mit ihrer Handelspolitik hemmen die Industriestaaten die Entwicklung des afrikanischen Kontinents und konterkarierten alle sonst lobenswerten Bemühungen. Die Wiedereinführung der EU-Exportsubventionen für Milchprodukte ist nur das letzte Beispiel. Perspektivlose Fischer in Westafrika wurden Schlepper. Eine faire Welthandelsordnung, die dem Süden eine gleichberechtigte Teilhabe am globalen Wirtschaftskuchen zubilligt, ist die Bedingung, ohne die nichts geht. Nur so kann man Afrika wirklich helfen.