Der Tagesordnungspunkt 11 bei der Gemeindevertretersitzung im am Nord-Ostsee-Kanal gelegenen Albersdorf (Kreis Dithmarschen) hatte historisches Gewicht, die Behandlung vollzog sich dann aber in nur wenigen Minuten: Adolf Hitler wurde einstimmig die ihm 1933 erteilte Ehrenbürgerschaft aberkannt.
Dithmarschen mit seiner überwiegend bäuerlichen Struktur war als eine Hochburg von überzeugten Nationalsozialisten bekannt. Die NSDAP hatte bereits 1926 in Albersdorf eine Ortsgruppe gegründet. Bei den Reichstagswahlen zwei Jahre später war sie mit 46,6 Prozent der Stimmen bereits stärkste Partei geworden. Noch am selben Tag der NS-»Machtergrei- fung« zog ein Fackelzug durch die Straßen der Kleinstadt, zwei Monate später ernannte man den »Führer« dann zum Ehrenbürger. In Deutschland waren es ungefähr 4000 Städte und Gemeinden, die Hitler seinerzeit auf diese Art und Weise huldigten.
Nun war es niemand aus der knapp 3500 Einwohner zählenden Gemeinde, sondern eine gebürtige Polin, die in Frankfurt am Main lebt, durch Freunde einen Bezug zu Albersdorf bekommen hat und durch Studium einer historischen Schrift von Otto Nottelmann (»Albersdorf – vom Stahlbad zum Luftkurort«) über diesen Umstand stolperte. Bereits in den 80er Jahren kam die Diskussion um die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft in dem schleswig-holsteinischen Ort schon einmal auf. Doch mit Verweis auf die Gemeindeordnung, dass die Ehrenbürgerwürde einer Person nur zu deren Lebzeiten entzogen werden könne, wurde das Thema rasch wieder beiseite geschoben. Ein Telefonanruf der Frankfurterin bei Bürgermeister Peter Mucke (CDU) beförderte den braunen Schatten nun wieder ans Tageslicht. Mucke wollte – Gemeindeordnung hin oder her – den Makel nicht länger auf Albersdorf sitzen lassen und handelte, indem er die Angelegenheit ins Gemeindeparlament brachte, wo parteiübergreifende Übereinstimmung demonstriert wurde.
Andernorts in Dithmarschen sollte man sich nun eigentlich ebenfalls animiert fühlen, wenn noch nicht geschehen, historische Aufräumarbeiten anzugehen. Das bietet sich etwa bei dem Schriftsteller Gustav Frenssen an, der die NS-Ideologie bedingungslos unterstützte. Er genießt immer noch ein unverständliches Ansehen in seiner Heimatregion an der Westküste. In seinem Geburtsort Barlt ist ihm sogar ein Museum gewidmet. Heide, Meldorf und das kleine Dorf Dingen zum Beispiel haben immer noch Straßen nach dem völkisch-rassistischen Dichter benannt.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/156259.brauner-schatten-getilgt.html