Die Bundesrepublik hinkt beim Kampf gegen Korruption hinterher. Wie der am Mittwoch veröffentlichte »Global Corruption Report« von Transparency International (TI) kritisiert, habe es die Große Koalition versäumt, im Zuge des Siemens-Bestechungsskandals die Gesetze zur Korruptionsbekämpfung zu verschärfen. Der Münchner Konzern hatte systematisch Schmiergeldzahlungen in Milliardenhöhe geleistet, um die eigenen Produkte an den Mann zu bringen. Wie Jochen Bäumel, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland, gegenüber ND betont, brauche die Bundesrepublik »endlich ein Unternehmensstrafrecht«. In vielen Industriestaaten wie den USA und Großbritannien können nicht nur die Mitarbeiter, sondern ganze Unternehmen zu Geldstrafen verurteilt werden. Doch solche Regelungen passen offenbar nicht in die hiesige Rechtskultur: Bis zum Jahre 1999 konnten deutsche Firmen ihre »Kosten« für die Bestechung von ausländischen Amtsträgern sogar steuerlich geltend machen.
Neben einem Unternehmensstrafrecht müsse Deutschland endlich ein Zentralregister für korrupte Firmen einführen, fordert TI-Vorstand Bäumel. Doch die Große Koalition hat es im Dezember 2008 versäumt, eine solche Klausel in die Novellierung des Vergaberechts hineinzuschreiben. Dabei hätte dieses Register in Verbindung mit dem Vergaberecht eine durchaus abschreckende Wirkung: Wer sich beim Schmieren erwischen lässt, würde zukünftig keine öffentlichen Aufträge mehr erhalten. Doch Union und FDP können sich für ein solches Register nicht begeistern.
Mittlerweile gerät Deutschland bei der Korruptionsbekämpfung auch international ins Hintertreffen. Die Bundesrepublik gehört zu einer traurigen Verweigerer-Allianz aus nur noch drei Staaten, die die Korruptions-Konvention der Vereinten Nation bislang nicht ratifiziert haben. Insgesamt 137 Länder – darunter auch Usbekistan und Bangladesch – haben die 2005 in Kraft getretene Konvention bereits in nationales Recht umgesetzt.
Doch die Große Koalition unternahm keinerlei Anstrengungen, die Ratifikation voranzutreiben. Lediglich Linkspartei und Grüne brachten dementsprechende Anträge ein, die jedoch in den Bundestags-Ausschüssen stecken blieben. Insbesondere die Union stellte sich quer. TI-Vorstand Bäumel fasst das Dilemma zusammen: »Die Union unternahm überhaupt nichts, und die SPD konnte sich nicht durchsetzen.« Haupthindernis einer Ratifikation ist der Paragraf 108e des deutschen Strafgesetzbuches zur »Abgeordnetenbestechung«. Die UN-Konvention legt die Bestechung viel strenger aus als der deutsche Gesetzgeber. Wohl deshalb drücken sich viele Bundestagsabgeordnete vor einer Umsetzung der Konvention.
Dabei musste selbst der Bundesgerichtshof im Jahre 2006 feststellen, dass die Bestechung von Abgeordneten aufgrund des laxen Paragrafen 108 legal ist. Nur der direkte Stimmenkauf steht in Deutschland unter Strafe.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/156395.bananenrepublik-deutschland.html