Verwirrt, träge und verliebt
Element of Crime auf Tournee zum Neuen Album »Immer da wo Du bist bin ich nie«
Es gibt Musik, die begleitet einen ein Leben lang. Ein Song, der zu diesem bestimmten Urlaub, ein Album, dass zu diesem einen Sommer gehört. Eher selten ist es die dazugehörige Band selbst, die mit immer wieder neuen Musikstücken den eigenen Soundtrack fortschreibt und deren Musik man eigentlich immer hören kann, ob als Stimmungsaufheller oder fürs Abtauchen ins Kopfkino. Wenn die Band auch noch so alt ist wie man selbst, steigen mit jedem neuen Album Spannung und Hoffnung, dass es weitere Konzerte geben wird und noch eine Platte.
Element of Crime gründeten sich im März 1985 in Berlin. Zur Zeit sind sie auf Tournee zu ihrem neuen Album »Immer da wo Du bist bin ich nie«. Am Sonntag spielten sie in der ausverkauften Arena in Berlin-Treptow.
Die Setlist des Abends schlug, passend zum baldigen Jubiläum, einen weiten Bogen von Stücken des aktuellen Albums bis hin zu den ersten, noch englischsprachigen Songs. Nach »You Shouldn't Be Lonely« und »Don't You Smile« vom zweiten Album »Try To Be Mensch« gab es mit »Damals hinterm Mond« und »Jetzt musst Du springen« einen kurzen Ausflug in die Alben der 90er Jahre – manch einer bedauerte, dass das Programm vorwiegend Stücke des aktuellen Albums enthielt. So konnten sich Element of Crime nicht umfangreich präsentieren.
Abgesehen davon brillierte die vierköpfige Besetzung, zur Zeit auf fünf Köpfe ergänzt um Streicher Christian Komorowski. Gitarrist Jakob Ilja spielte, getaucht in blaues Licht perfekte Intros, David Young stand wie üblich eher am Rand, spielte in sich versunken Bass. Richard Pappik, der bereits als »Bongo-Gott« in der Vorband »Florian Horwath« auftrat, lieferte mit Schlagzeug, Perkussion und Mundharmonika ein abrundendes Spiel. Auch in der mit rund 8000 Menschen gefüllten Halle kam dank sparsamer, Akzente setzender Lichtshow und klarem Ton ein bisschen Club-Atmosphäre auf. Da lachten und lächelten viele wie Regener in sich hinein, wann immer er die Arme in die Luft streckte und »Romantik!« rief; seit der Tour zum gleichnamigen Album stets bejubelter Gruß ans Publikum und Schlachtruf gleichermaßen.
Element of Crime machen schon immer Musik abseits des massentauglichen Plastikpop. Sie singen auf Deutsch – diese Sparte ist beim jüngeren Publikum doch eher von Rock-, Indie- oder HipHop-Bands besetzt. Als sie 2002 beim Festival Rock am Ring auftraten, leerten sich die Reihen vor der Bühne – und füllten sich wieder mit Fans, die fast alle Lieder mitsingen konnten. Diejenigen, die den Mundharmonika-Melodien und Regeners Trompetenspiel nichts abgewinnen können, kritteln gern am vermeintlich eintönigen Liedgut herum. Die Stärke der Band ist jedoch gerade die klassische Kombination von Gitarre, Bass, Schlagzeug und Gesang, die durch Mundharmonika, Geiger und Trompete ergänzt wird. Regeners Stimme, die live immer ein wenig schleppend klingt, ist dabei ebenso Charakteristika des EoC-Tons wie die beschwingt-melancholischen Geschichten über Leben, Liebe und Berlin.
Nach rund zwei Stunden und vier Zugaben verließen Element of Crime die Bühne. Ein wenig verwirrt ob der ungewohnten Lied-Mischung, ein wenig träge vom langen Stehen und wie immer verliebt in die Musik machte sich das Publikum auf den Heimweg.
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