nd-aktuell.de / 12.02.2010 / Politik / Seite 4

Knallhart

Juan María Bordaberry / Der 81-jährige Ex-Juntachef wurde zu 30 Jahren Haft verurteilt

Martin Ling

Faktisch ändert sich für Juan María Bordaberry nichts: Der frühere uruguayische Diktator bleibt unter Hausarrest. Nichtsdestotrotz ist das neue Urteil wegen seiner Rolle während des Staatsstreichs 1973 zu begrüßen: Ein Gericht in Montevideo sprach den 81-Jährigen am Mittwochabend (Ortszeit) des zweifachen Mordes, der gewaltsamen Entführung in neun Fällen und des verfassungswidrigen Staatsstreiches schuldig und verurteilte ihn zu 30 Jahren Gefängnis.

Bei Bordaberry handelt es sich nicht um einen klassischen Militärdiktator lateinamerikanischer Provenienz. Der Sohn eines Großgrundbesitzers mit baskischen Ahnen hatte bereits eine beachtliche zivilpolitische Karriere hinter sich, bevor er sich bereitwillig vor den Karren der Militärdiktatur spannen ließ. Er war Senator und Viehzuchtminister und wurde schließlich 1971 als Spitzenkandidat der neoliberalen Colorado-Partei zum Präsidenten gewählt. Nachdem die Militärs bei einem »Staatsstreich in Zeitlupe« von Februar bis Juni 1973 der Exekutive immer mehr Befugnisse abtrotzten, kam es am 27.Juni zur kompletten Machtübernahme, nachdem sich das Parlament geweigert hatte, die Immunität eines Abgeordneten aufzuheben. Bordaberry stellte sich als Steigbügelhalter für das Militär zur Verfügung und löste das Parlament auf. Gegenüber den Stadtguerilleros der Tupamaros gab Bordaberry dem Militär, das seine Kandidatur bereits vor der Wahl unterstützt hatte, freie Hand. Es gelang, die Tupamaros vollkommen zu zerschlagen. Am 12. Juni 1976 musste er dennoch abtreten, weil er mit seinen rigiden Verfassungsreformen selbst den Militärs zu weit ging, die nach außen hin den Anschein der Demokratie bewahrenden Erneuerer erwecken wollten.

Bordaberry ist der zweite Militärherrscher, der zu einer langen Haftstrafe verurteilt wurde. Im vergangenen Oktober war der letzte Diktator Gregorio Alvarez (1981-1985) wegen Mordes und Menschenrechtsverletzungen zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Bordaberry war bereits im Jahr 2006 inhaftiert und 2007 wegen Gesundheitsproblemen unter Hausarrest gestellt worden. An diesem Zustand dürfte sich bis an sein Lebensende nichts mehr ändern.