nd-aktuell.de / 21.02.2010 / Sport

Mit der Flagge auf der Stirn

Ines Wallrodt
ND-Redakteurin Ines Wallrodt wohnt zur Zeit in Vancouver
ND-Redakteurin Ines Wallrodt wohnt zur Zeit in Vancouver

Läden, die irgendwas mit nationalen Symbolen verkaufen, werden derzeit in Vancouver überrannt. Die Zeit überschäumender patriotischer Gefühle ist ein Riesengeschäft. Wer sich die Warterei beim offiziellen kanadischen Olympiakaufhaus Hudson Bay nicht geben möchte oder nicht gemerkt hat, dass „The Bay“ diesmal die Marketingadresse Nummer 1 ist, schaut bei „Roots“ vorbei. Die waren es bei früheren Spielen nämlich immer und erwecken auch jetzt den Eindruck, als wären sie es noch. Der Laden in der Robson Street ist vollgestopft mit Klamotten und Ledertaschen, auf denen Namen oder Flaggen diverser Länder prangen. Zeitweise ist es hier drin genauso voll wie auf der Fanmeile draußen vor der Tür.

 

Der Laden, in dem man während der Spiele täglich bis Mitternacht shoppen kann, hat sein Personal für diese Zeit verdreifacht. Der absolute Renner seien die roten Jacken mit Kanada drauf, erklärt eine junge Verkäuferin, deren Wurzeln in Irland liegen, wie ein Schild um ihren Hals anzeigt. Deutschland-Artikel seien seit Tagen ausverkauft, genauso wie USA-Schals. Die allermeisten Kunden wollen Sachen mit „ihrem“ Land drauf.

 

„Warum sollte ich diese Kanadamütze kaufen, wenn ich doch aus den USA komme“, rüpelt ein Kunde ein bisschen im Geschäft herum, das ihm für seinen Geschmack zu viele Aufdrucke mit dem Gastgeber anbietet. Die Verkäuferin schlägt ihm vorsichtig etwas wie „schönes Land“ und „Ort der Winterspiele“ vor. Es bleibt dabei, der Mann findet es absurd, einen anderen als den eigenen Staat auf der Stirn zu tragen. Spitzensportler anderer Nationen anzubeten, scheint irgendwie undenkbar zu sein. Die Verkäuferin rettet sich, indem sie das Ganze von nun an als Scherz behandelt und lachend um ein Ende des Gesprächs bittet.

 

Ob sie sich schon auf die entspannte Zeit nach dem Olympiazirkus freue, frage ich die Verkäuferin. Darüber müsse sie sich keine Gedanken machen, antwortet sie. Sie rechnet eh nicht damit, nach Olympia noch weiter hier arbeiten zu können.