Die verkauften Kinder von Phnom Penh

Minderjährige werden in Kambodschas Bordellen ausgebeutet – auch am Weltkindertag

  • Lesedauer: 4 Min.
Von Robert Luchs, Phnom Penh

Kambodscha versucht mit allen Mitteln, seinen Ruf als Tummelplatz für Sextouristen und Kinderschänder loszuwerden. Die Polizei des südostasiatischen Landes geht härter gegen Verdächtige vor, Haftstrafen sind verschärft worden und die Besitzer oder Pächter von Hotels und Gästehäusern achten mehr als früher darauf, was sich in ihren Unterkünften abspielt. Allerdings wird nach wie vor die Bestechlichkeit von Polizisten genutzt.

In den vergangenen Jahren sind in Kambodscha mehrere, meist ältere deutsche Männer unter dem Verdacht verhaftet worden, Minderjährige missbraucht zu haben. Wie die französische Kinderschutzorganisation »Action Pour Les Enfants« (»Aktion für Kinder«) in der Hauptstadt Phnom Penh mitteilte, komme es immer wieder vor, dass sie mit Kindern in Hotelzimmern aufgegriffen werden. In Kambodscha gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Nichtregierungsorganisationen, die sich um gefährdete Minderjährige kümmern.

Verdächtige können nach der richterlichen Vernehmung laut kambodschanischen Gesetzen zunächst bis zu einem halben Jahr in Untersuchungshaft genommen werden. Das eröffnet der Polizei die Möglichkeit, weitere Nachforschungen anzustellen. Inzwischen sind die Strafen wegen Kindesmissbrauchs erheblich verschärft worden. Bei einer Verurteilung droht Haft bis zu 20 Jahren. Seitdem sind Dutzende Pädophilie-Verdächtige inhaftiert oder in ihre Heimatländer abgeschoben wurden. Das zeigt auch, dass heute auch die Aussagen der Kinder ernst genommen werden. Dennoch versuchen Ausländer immer wieder, mit Kindern und Jugendlichen in eindeutiger Absicht in Kontakt zu kommen.

Sextouristen, die früher in Thailand ihre Opfer fanden, sind jetzt trotz härterer Maßnahmen im benachbarten Kambodscha unterwegs. Es hat sich herumgesprochen, dass auch die Prostituierten immer jünger werden. Mindestens ein Drittel von ihnen ist jünger als 18 Jahre, die jüngsten gerade zehn. Sie verkaufen ihren Körper für wenige Dollar, wobei »Beschützer« ihnen das meiste Geld wegnehmen. Nicht wenige der Mädchen stammen aus dem Nachbarland Vietnam. Skrupellose Menschenhändler bringen sie über die meist offenen Grenzen und gehen somit kaum ein Risiko ein. Begünstigt wird der Kinderhandel durch die ungebremste Landflucht. Nach einer Schätzung der Kinderhilfsorganisation UNICEF verkaufen in Asien etwa eine Million Minderjährige ihre Körper. Der Umsatz in der Sexindustrie ist von Jahr zu Jahr gestiegen und wird inzwischen auf mehrere Milliarden Dollar geschätzt. Ein Geschäft, an dem Eltern, die ihre Kinder anbieten, ebenso verdienen wie gut organisierte Banden, die mit unterbezahlten Polizisten zusammenarbeiten.

Als Folge des Völkermords unter der Schreckensherrschaft Pol Pots von 1975 bis 1979 und des Bürgerkriegs wurden in Kambodscha zahlreiche Familien auseinandergerissen. Oft wurden auch die Großeltern Opfer des Genozids, wodurch die mittellosen Waisen nicht mehr von den traditionellen Strukturen der eigentlich vorherrschenden Großfamilien aufgefangen wurden. In Kambodscha, wo rund 35 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben, kommt es immer wieder vor, dass mittellose Bauern ihre eigenen Kinder verkaufen. Sie tun dies selten aus Habgier, oft jedoch, weil sie nach einer schlechten Ernte nichts mehr zu essen haben. Diese Kinder geraten meist in die Fänge von Zuhältern, die sie entweder an die Grenze zu Thailand schaffen oder an Bordelle in Phnom Penh verkaufen. Zugleich ist es auch keine Seltenheit, dass kinderlos gebliebene Eltern sich einen Jungen oder ein kleines Mädchen kaufen. Über den Preis wird nicht gesprochen, doch sollen rund 500 Dollar für ein Kind im Babyalter bezahlt werden. Sollte der eine oder andere Fall bekannt werden, dann drücken die Behörden beide Augen zu. Mit Geld wird in diesen Fragen viel geregelt.

Sebastien Marot, Koordinator der kambodschanischen Organisation »Mith Samlanh«, was so viel wie »Freunde« heißt, schätzt, dass es heute allein in Phnom Penh bis zu 20 000 Straßenkinder gibt. Ohne Unterstützung und Betreuung sind diese Kinder der sexuellen Ausbeutung und Abhängigkeit von Drogenhändlern ausgeliefert.

Auch Fälle von HIV-Infektionen nehmen drastisch zu, die Zahl der Aids-Waisen wird auf mindestens 340 000 geschätzt. Genaue Zahlen über drogenabhängige Jugendliche liegen nicht vor, doch scheint es Behörden und Hilfsorganisationen wie »Mith Samlanh« inzwischen gelungen zu sein, ein weiteres Ansteigen des Drogenkonsums zumindest zu verhindern. Heute gibt es staatliche Therapiezentren in sieben der 24 Provinzen des Landes.

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