Ehrung für Stille Heldin
Hedwig Porschütz gehörte zum Helferkreis um Otto Weidt
Mit der Berliner Gedenktafel für Hedwig Porschütz bekommt eine mutige Frau endlich die Anerkennung, die ihr gebührt und die ihr bis zu ihrem Tod 1977 nicht erteilt wurde. Hedwig Porschütz, geboren 1900, gehörte zu jenen Frauen und Männern, die unter hohem persönlichen Einsatz Verfolgten des Naziregimes halfen. Die »Stillen Helden« riskierten dabei ihr eigenes Leben, um jüdische Mitbürger vor Deportation und Tod zu retten. Die Porzellantafel wird 2012 nach der Sanierung an das ehemalige Wohnhaus in der Feurigstraße angebracht. Übergeben wurde sie jedoch schon jetzt am authentischen Ort im Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt in der Rosenthaler Straße 39. Hier wurde sie 1943 von Otto Weidt offiziell als Stenotypistin angestellt, weil sie als Prostituierte einen legalen Arbeitsnachweis brauchte.
»Hede, wie sie von uns allen genannt wurde, war immer gehetzt, wenn sie ins Büro von Otto Weidt kam«, erzählt Inge Deutschkron, Vorsitzende des Fördervereins »Blindes Vertrauen«, der gemeinsam mit der Historischen Kommission zu Berlin und der Senatskanzlei für Kulturelle Angelegenheiten maßgeblich an der Entstehung der Tafel beteiligt war. »Keiner war bei diesen Gesprächen dabei, aber wir wussten, dass es mal um Lebensmittel, ein Versteck oder um Papiere ging. Wie Hede das alles besorgen konnte, wusste wohl selbst Otto Weidt nicht.« Auch die junge Jüdin Inge bekam von ihr Hilfe. Das Arbeitsbuch einer Prostituierten verschaffte ihr die Möglichkeit, weiter in der Blindenwerkstatt zu arbeiten.
Hedwig Porschütz gehörte zum Helferkreis um den Kleinfabrikanten Otto Weidt, der ab 1941 als Netzwerk für viele untergetauchten Juden in Berlin überlebenswichtig war. Vom Januar bis zum Sommer 1943 versteckte sie in ihrer kleinen Eineinhalbzimmer-Wohnung in der Alexanderstraße gegenüber dem Polizeipräsidium die Zwillinge Marianne und Anneliese Bernstein. Ab März kamen noch zwei Frauen hinzu. Da die Wohnung auch von Freiern besucht wurde, mussten die Untergetauchten sie dann verlassen. Zu unsicher wurde das Versteck im Sommer, als ein jüdisches Paar im Haus verhaftet wurde. Hedwig Porschütz brachte die Frauen zeitweise bei ihrer Mutter in Schöneberg unter und versorgte sie weiterhin mit Lebensmitteln. Auch beteiligte sie sich an den einzigartigen Hilfsaktionen von Weidt, der Lebensmittelpakete in das KZ Theresienstadt schickte. Vorgefertigte Antwortkarten bestätigten deren Erhalt. Mehr als 130 Pakete sorgten so für das Überleben vieler.
Im Oktober 1944 wurde Hedwig Porschütz wegen »Kriegswirtschaftsverbrechen und Hortung von Lebensmitteln« zu 18 Monaten Zuchthaus verurteilt und kam in das Arbeitslager Zillerthal-Erdmansdorf. Nach Kriegsende im Mai 1945 kam sie zu Fuß nach Berlin-Schöneberg, da es das Haus in der Alexanderstraße nicht mehr gab. Von hier aus stellte sie einen Antrag auf Entschädigung wegen Widerstandes gegen das NS-Regime. Sie wurde ihr verweigert. Ebenso wurde 1959 die Ehrung als »Unbesungene Heldin« von der Berliner Senatsverwaltung für Inneres mit dem Verweis auf »Unzucht« abgelehnt. Der Richter, der sie 1944 verurteilte, ging zur selben Zeit mit Höchstpension in den Ruhestand.
Sie beendete ihr Leben in Armut, ohne staatliche Anerkennung und Unterstützung. »Die Tafel ist ein Dank von uns, Hede!«; sagt Inge Deutschkron im Namen von wenigstens vier Jüdinnen, die ihr ihr Überleben in Berlin verdanken. »In der Dauerausstellung ›Stille Helden‹ im Museum Blindenwerkstatt wird an ihre Hilfe für untergetauchte Jüdinnen erinnert. Dennoch gab es auch 2010 Historiker mit der Ansicht, eine Prostituierte hätte keine Gedenktafel von der Stadt Berlin verdient«, meint Johannes Tuchel. Auch um dieser Meinung etwas entgegenzusetzen, hat der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand eine kleine Broschüre über das Wirken von Hedwig Porschütz verfasst, die im Museum Blindenwerkstatt zu erwerben ist.
www.museum-blindenwerkstatt.de, Rosenthaler Str. 39, Mitte, Tel.: 2859 9407, täglich 10-20 Uhr.
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