18 Wohnungen in Eisenhüttenstadt, Luckenwalde und Kremmen (Brandenburg) sowie in München und Erfurt wurden am Dienstag durchsucht. Bei der Großrazzia wurden Dokumente, Computer und Telefone beschlagnahmt.
Die Ermittlungen richteten sich gegen 22 Beschuldigte, die im Verdacht stehen, 72 Vietnamesen geschleust zu haben. Zielland dabei war Großbritannien. Deutschland war auf dem Weg dahin nur eine Transitstation. Hier mussten die Flüchtlinge einen Teil ihrer Schlepperschulden durch illegalen Zigarettenhandel abarbeiten.
In Großbritannien gibt es Netzwerke von Vietnamesen, die mit dem Anbau von Cannabis in angemieteten Wohnungen, Bauerngehöften oder verlassenen Industrieanlagen viel Geld verdienen. Ein Großteil des im Vereinigten Königreich konsumierten Cannabis wird bereits auf diese Weise im eigenen Land produziert.
Die Kosten für eine Schleusung mit der Bande lagen laut Bundespolizei bei 25 000 Euro. Dafür wurde die Ankunft im Zielland auch für den Fall garantiert, dass man auf dem Weg von der Polizei aufgegriffen wurde. Für die Schlepperkosten haben sich Familien im Heimatland verschuldet.
Die Flüchtlinge waren häufig mit legalen Touristenvisa zunächst nach Moskau gelangt. Von dort ging es auf unterschiedlichen Wegen weiter nach Berlin. Viele Menschen wurden dort über Monate oder Jahre »zwischengelagert«, bis sie den Weitertransport durch den Verkauf unverzollter Zigaretten finanziert hatten.
In den Provinzen Ha Thinh und Quang Binh in Zentralvietnam gelten Geschichten von Landsleuten, die in Europa reich wurden, als Erfolgsgeschichten, denen man nacheifern will. Dass dies oft nur illegal möglich ist, wird verdrängt oder von vielen Vietnamesen auch nicht geglaubt.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/190523.polizei-zerschlaegt-schleuserbande.html