ND: Monatelang befand sich DIE LINKE im Land am Rande der Selbstzerstörung und zittert nun um den Einzug in Landtag.
Krauth: Eine Partei, die nicht streitet, ist tot. Streit gehört zu einer Demokratie. Wir haben beim Parteitag im Januar das Wahlprogramm einstimmig beschlossen. Das war ein Zeichen, dass wir an einem Strang ziehen. Ich reise durch die Kreise und erlebe die Aufbruchstimmung. Die Mitglieder sind hoch motiviert und zeigen Einsatz. Wir sind uns der Verantwortung bewusst und werden den Teufel tun, den Einzug zu gefährden.
Sie kennen die CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner schon aus dem Bundestagswahlkampf 2009. Damals waren sie ihre Gegenkandidatin im Wahlkreis 202. Hat Frau Klöckner das Zeug, um Kurt Beck als Regierungschef abzulösen?
Inhaltlich habe ich sie jenseits ihrer Rhetorik als sehr schwach wahrgenommen. Sie hat nicht das Zeug und auch nicht die Erfahrung, auch wenn sie sich äußerlich sehr nett gibt und gezielt eine starke Medienpräsenz aufgebaut hat. Ich rechne nicht damit, dass sie »Landesmutter« wird. Um ein Beispiel zu nennen: Der Bürgerinitiative in Kaiserslautern gegen die Lärm- und Umweltbelastungen durch den US-Militärflughafen in Ramstein sagte Frau Klöckner nur, man müsse diese Belastungen eben im Sinne der deutsch-amerikanischen Freundschaft hinnehmen.
Nun will sich Julia Klöckner in der Endphase des Wahlkampfes offenbar an die Spitze der Anti-Atomkraftbewegung setzen und kritisiert demonstrativ die Schwächen des einstigen rot-grünen Atomkompromisses.
Ich nehme ihr das nicht ab, denn sie hat noch vor Kurzem für die Laufzeitverlängerung geworben. Warten wir mal ab, was sie nach drei Monaten sagt. Diese Frage bewegt natürlich auch die Menschen in Rheinland-Pfalz, zumal die Anlagen in Philipsburg und Biblis direkt vor unserer Haustür liegen. Für uns ist klar, dass ein sofortiger Atomausstieg machbar ist. Deutschland produziert Überschüsse. Der Ausstieg würde nicht dazu führen, dass die Lichter ausgehen, wie die Atomlobby behauptet. SPD und Grüne haben damals in der Tat mit den langen Übergangsfristen einen Spalt offengelassen und der Bundesregierung, der Julia Klöckner angehörte, die Möglichkeit gegeben, den Ausstieg zu kippen.
DIE LINKE in Rheinland-Pfalz hebt auch im Landtagswahlkampf die Friedenspolitik als »Alleinstellungsmerkmal« hervor. Wie schlägt sich das in der Landespolitik nieder?
Wir fordern ein Landesamt für Konversion, das die zivile Nutzung der bisherigen Militärstandorte vorantreibt und koordiniert. An ihre Stelle sollen zivile Technologieparks und Forschungseinrichtungen treten, die sich etwa mit erneuerbaren Energien und Fragen der Energiespeicherung befassen. Vor allem der Frieden muss in den Köpfen Vorrang bekommen. Das Kooperationsabkommen der Landesregierung gibt grünes Licht für den Einsatz von Jugendoffizieren der Bundeswehr in den Schulen. Die psychologische Zwangsbeeinflussung muss beendet werden. In meinem Wahlkreis liegt der große Truppenübungsplatz Baumholder, auf dem Schießübungen stattfinden. Es halten sich hartnäckig Gerüchte, wonach dort auch angereichertes Uran eingesetzt wird. Für dieses Gelände schlagen wir den Aufbau eines Windparks vor.
Aber Kurt Beck präsentiert den Flughafen Hahn im Hunsrück als Musterbeispiel für eine gelungene Konversionspolitik.
Der Flughafenbetrieb ist defizitär und muss vom Land subventioniert werden. Wir fordern für den Hahn kurzfristig ein Nachtflugverbot von 22 bis 7 Uhr, den Verzicht auf die militärische Nutzung und die Einbeziehung der Bevölkerung in die Entscheidungen. Es macht auch keinen Sinn, dass in einem Umkreis von 200 Kilometern mit Luxemburg, Frankfurt, Saarbrücken, Zweibrücken, Stuttgart, Köln-Bonn und Düsseldorf so viele Flughäfen gegeneinander konkurrieren. Daher halten wir einen schrittweisen Ausstieg aus dem Flughafen Hahn für sinnvoll. Als Alternative zur Erhaltung der Arbeitsplätze schwebt uns die Förderung von nachhaltigem Tourismus und der Ausbau einer kleinteiligen Infrastruktur vor.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/193575.eine-partei-die-nicht-streitet-ist-tot.html