Pop Islam« ist der Titel einer Dokumentation, die der ägyptische Filmemacher Ismail Elmuqadam 2009 über »4Shbab« drehte. Die englisch-arabische Wortmischung (dt.: »für junge Leute«) ist der Name des bisher einzigen arabisch-islamischen Musiksenders, der 2008 mit finanzieller Unterstützung Saudiarabiens in Kairo gegründet wurde.
Die Träume junger Leute von Erfolg und Anerkennung, Mode und Musik in Ein-oder Zusammenklang mit ihrem muslimischen Hintergrund zu bringen, dieses Ziel verfolgt der TV-Sender bis heute unbeirrt. Dafür hagelte es harsche öffentliche Kritik, nicht nur von geistlicher Seite. Die Unterlegung religiöser Texte mit Pop und Disco wurde als Teufelswerk gegeißelt – oder als gottesunwürdige »verderbte Amerikanisierung« des rechten islamischen Weges. Zum zweiten Stein des Anstoßes für die islamischen Sittenwächter geriet das ägyptische Mannequin Yasmin Mohsen, das die Sendereihe über muslimische Mode moderiert und sich selbst auf dem Laufsteg zeigt.
»Genau wie 80 Prozent der ägyptischen Frauen trage auch ich aus Überzeugung das Kopftuch, weil es für eine Muslima zum gesellschaftlich-religiösen Kodex gehört. Gegen Schick und Grazie in islamischer Mode kann ich jedoch nichts einwenden. Aber tiefe Dekolletees oder Hot Pants haben hier keinen Platz«, erklärt die selbstbewusste junge Frau. Auch Sender-Chef Abu Haiba zeigt religiös-ethische Verbundenheit. Mit seinem Töchterchen liest und bespricht er regelmäßig Hadize: ethische und relgiöse Gebote muslimischer Moralisten und Theologen.
»Seit dem 25. Januar auf dem Medan Tahrir (Tahrir-Platz) in Kairo ist in Ägypten alles im Umbruch«, sagt Filmemacher Elmuqadam, auch die Zukunft von »4Shbab« stehe auf dem Spiel. Die Muslimische Bruderschaft, unter Hosni Mubarak verboten, hoffe bei den Wahlen im September auf einen Stimmanteil von 30 Prozent und somit auf den Einzug ins Parlament. Sie habe bereits die Gründung eines eigenen Fernsehsenders angekündigt. Ebenso wollen konservative wahhabitische Kräfte, von Saudiarabien gesteuert, die TV-Landschaft »beglücken«. Dass sie als erste Amtshandlung Frauen und Musik aus ihren Kanälen bannen, stehe laut Elmuqadam zu befürchten. Noch beharrt TV-Chef Abu Haiba auf seinem eher liberalen Kurs. Doch die saudiarabischen Geldgeber versuchen beständig, bei »4Shbab« auf konservativere Sendeformate zu drängen. »Sollte sich Abu Haiba durchsetzen, könnte ich mir vorstellen, dass auch Künstlerinnen ohne Kopftuch bei ›4Shbab‹ zu sehen sein werden«, sagt Elmuqadam. »Aber weitere Zugeständnisse wird es auch dort nicht geben«.
Arte, heute, 23.20 bis 0.15 Uhr.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/194701.islam-und-disco.html