Würzburg. Stabiles Nussbaumholz, eine alte Pfeife, ein paar Bücher – der rustikale Schreibtisch am Fenster eines Gebäudes im Röntgenring 8 in Würzburg ist wenig spektakulär. Doch an diesem Schreibtisch wurde Wissenschaftsgeschichte geschrieben. Vollkommen neue Felder eröffneten sich vor allem für Technik und Medizin: An dem massiven Möbelstück arbeitete der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen (1845-1923). Er entdeckte vor mehr als 115 Jahren die später nach ihm benannten Strahlen und bekam dafür 1901 den ersten Physik-Nobelpreis.
Lange waren der historische Tisch und andere Utensilien Röntgens in seiner Geburtsstadt Remscheid in Nordrhein-Westfalen gelagert. Nun sind sie in die Universitätsstadt am Main zurückkehrt.
Womöglich hätten die Rheinländer den berühmten Schreibtisch nie hergegeben. Aber »ein Professor erinnerte sich, dass die eigentlich nur Leihgaben ans Remscheider Röntgen-Museum gewesen waren«, erzählt Dietbert Hahn, Direktor des Instituts für Röntgendiagnostik der Universität Würzburg und Vorsitzender des Röntgen-Kuratoriums. »So haben wir uns auf die Suche nach den alten Verträgen gemacht und dann auch die Möbel wieder bekommen.«
Ende der 1950er Jahre wusste man im Physikalischen Institut der Universität Würzburg nicht wohin mit dem Tisch, einigen Schränken und den Dutzenden Büchern des Forschers – und lieh sie dem Museum im Bergischen Land. »Wir hatten damals eine gewisse Wehmut«, erzählt Erich Felgenhauer, der zu dieser Zeit als Lehrling der Feinmechanik beim Abbauen der Möbel des großen Wissenschaftlers geholfen hatte. »Darum ist jetzt die Freude umso größer, dass sie wieder da sind.« Bisher waren in der 1982 gegründeten Röntgen-Gedächtnisstätte in Würzburg im Röntgenring 8 viele Möbel nur der damaligen Zeit nachempfunden. Etliche Nachbauten standen im früheren Büro des Physikers.
Mittlerweile sind neben dem Schreibtisch auch die alten Apparaturen für Röntgens Strahlenversuche wieder an ihrem Ursprungsort platziert – jene, mit denen Röntgen im Jahr 1895 so viel Staub in der Wissenschaft aufwirbelte. Dass es wirklich der Schreibtisch des Nobelpreisträgers ist, kann der damalige Helfer Felgenhauer sogar belegen. Zufällig hatte einer seiner Kollegen beim Abtransport einen versteckten Mechanismus im Tisch ausgelöst, eine Geheimschublade öffnete sich plötzlich. Darin waren Orden, Verdienstmedaillen und andere Kleinigkeiten des längst gestorbenen Physikers versteckt – ein besonderer Schatz, denn viele von Röntgens Unterlagen waren auf dessen Wunsch nach seinem Tod vernichtet worden. »Das war für uns damals ein ganz besonderer Moment«, erzählt der inzwischen 70-jährige Felgenhauer.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/194915.tisch-mit-geheimfach.html