nd-aktuell.de / 23.04.2011 / Politik / Seite 5

»Rückholung nicht kaputtprüfen«

Probebohrungen im maroden Atommülllager Asse verzögern sich weiter

Reimar Paul
Zwar hat das niedersächsische Umweltministerium dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) als Asse-Betreiber am Donnerstag Probebohrungen erlaubt. Doch der Bescheid wurde mit umfassenden Auflagen versehen.

Mit den Probebohrungen will sich das BfS einen Überblick über den Zustand der Hohlräume und der darin lagernden Atommüllfässer verschaffen. Davon hängt maßgeblich die endgültige Entscheidung ab, ob die radioaktiven Abfälle aus dem maroden Bergwerk herausgeholt werden können.

Das BfS ist seit Anfang 2009 für die Asse zuständig. Ein Jahr später legte die Behörde fest, dass der gesamte schwach und mittelradioaktive Atommüll – insgesamt rund 126 000 Fässer – nach Möglichkeit aus den Kammern herausgeholt werden soll. Im vergangenen Herbst beantragte das BfS in Hannover die Genehmigung zum Anbohren der Kammern. Bürgerinitiativen und Oppositionsparteien mahnten seitdem mehrfach einen Beginn der Rückholung an. Sie unterstellen dem vom bekennenden Atomfreund Hans-Heinrich Sander (FDP) geleiteten Ministerium Verzögerungstaktik: Wenn die Genehmigung verschleppt werde, sei das Zeitfenster für die Bergung irgendwann wieder verschlossen. Dann bliebe doch nur eine Flutung und der Atommüll dauerhaft unter Tage. Und weitere, für die Atomlobby unliebsame Überraschungen kämen nicht ans Licht.

Das Ministerium weist solche Mutmaßungen strikt zurück und bekennt sich zum Konzept der Rückholung. Viele Auflagen beträfen Schutzmaßnahmen beim Anbohren der Kammer 12, sagte Sander am Donnerstag. Vor dieser Kammer hat sich ein Tümpel aus stark verstrahlter Lauge gebildet – ein Hinweis darauf, dass zumindest ein Teil der dort liegenden Fässer korrodiert ist. »Im Vordergrund steht dabei, dass die Mitarbeiter keinen Gefahren ausgesetzt werden und dass die Arbeiten auch schadlos für die Menschen in der Region und für die Umwelt geschehen«, so der Minister.

Vor Erteilung der Genehmigung am Donnerstag hatte es zwischen BfS und Umweltministerium mehrere Gespräche über die Auflagen gegeben. In einem Entwurf des Bescheides seien diese Auflagen »zum Teil weitreichend« gewesen, sagt BfS-Sprecher Werner Nording diplomatisch. Durch sie würden weitere langfristige Planungs- und Umsetzungsarbeiten vor einem Beginn der Bohrarbeiten erforderlich. In seiner endgültigen Fassung weicht der Genehmigungsbescheid Nording zufolge von dem Entwurf teilweise ab. Konkrete Angaben, wann mit den Bohrungen begonnen wird, konnte der Sprecher zunächst nicht machen.

Grüne und Linke im niedersächsischen Landtag bezeichnen die Genehmigung als »überfällig«. Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel sagte, die Sicherheit müsse in allen Phasen gewährleistet sein, aber die Rückholung dürfe auch nicht »kaputtgeprüft« werden.