nd-aktuell.de / 31.08.2011 / Ratgeber / Seite 4

Kündigung wegen besserer Immobilienverwertung

BGH-Urteil

Der Bundesgerichtshof hat am 8. Juni 2011 eine Entscheidung zu den Voraussetzungen einer sogenannten Verwertungskündigung getroffen, die dem Vermieter ein »berechtigtes Interesse« an der Kündigung eines Mieters bescheinigt (Az. VIII ZR 226/09).
Dazu lag folgender Fall zur Entscheidung vor: Die westdeutschen Erben eines unter staatlicher Verwaltung stehenden Einfamilienhauses in der DDR, das 1953 vermietet wurde, kündigten 2007 den Mietvertrag, weil sie das sanierungsbedürftige und Verlust bringende Haus verkaufen wollten.

Es ging dabei um den Erlös für die Mitglieder der Erbengemeinschaft. Der lasse sich nur durch einen Verkauf des leer stehenden Gebäudes erhöhen, das dann saniert werden sollte.

Die Erben kündigten den Mieter und veranlassten zugleich eine Räumungsklage gegen ihn. Das zuständige Amtsgericht hat die Räumungsklage jedoch abgewiesen. Die Erben legten nun Berufung beim Landgericht ein, das die Berufung ebenfalls zurückwies. Nun nutzten die Erben die Möglichkeit einer Revision beim Bundesgerichtshof – und hatten dort Erfolg.

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH bekräftigte seine Rechtsprechung, dass dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrags erhebliche Nachteile entstehen könnten und er deshalb zur Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB berechtigt sei.

Dabei sei auch das grundsätzliche Interesse des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, zu berücksichtigen.

Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, kann ein erheblicher Nachteil nicht schon deshalb verneint werden, weil die Erben das rückübertragene Grundstück bereits in vermietetem und unrentablem Zustand erworben haben. Dies liefe darauf hinaus, dass die (Alt-)Eigentümer ehemals staatlich verwalteter Wohnungen in der DDR an den schlechten Zuständen festhalten müssten. Es sei ihnen nicht zuzumuten, dauerhaft Verluste ohne eine Verwertungsmöglichkeit hinzunehmen. Das sei auch mit dem Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) unvereinbar.

Somit wies der Senat die Sache an das Berufungsgericht zurück. Es soll nun zu der behaupteten Unrentabilität des Grundstücks, zur Höhe des Mindererlöses bei einem Verkauf im vermieteten Zustand, beziehungsweise zur Unverkäuflichkeit im vermieteten Zustand, Feststellungen treffen. »Gegebenenfalls« sollen auch die Härtegründe, die der Mieter geltend gemacht hat, berücksichtigt werden. So ist der Ausgang also noch offen.

Im BGB gibt es unter anderem folgende gesetzliche Regelung für eine sogenannte Ordentliche Kündigung des Vermieters (§ 573 BGB):

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (…)

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn (…) er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Dabei ist allerdings ausgeschlossen, allein durch einen Wechsel des Mieters zu versuchen, höhere Mieten aus der Wohnung herauszuholen.