Frauenkörper sind zerbrechliche Landschaften«, schrieb der 2005 freiwillig aus dem Leben geschiedene K. Sello Duiker in diesem Roman. Aber seine Hauptfigur Tshepo erkundet und verwöhnt männliche Leiber.
Duikers Roman spielt vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels in Südafrika nach dem Ende der Apartheid. Die äußeren Umwälzungen und Verwerfungen spiegeln sich in der Psyche Tshepos, der zum Schluss von Kapstadt nach Johannesburg ziehen und ein neues, geregeltes Leben beginnen wird. »Die stille Gewalt der Träume« handelt vom Überleben in einem Milieu aus Drogen, Prostitution und Nervenkliniken. Dabei vermag der Autor die emotionale und sexuelle Gefühlswelt seiner Hauptfigur auf eine ungemein zärtliche, vielschichtige Weise zu beschreiben. Duiker hat den Chor an Stimmen, die in Tshepos Kopf dessen Identität permanent in Frage stellen, auf mehrere Erzählerfiguren übertragen und damit eine beachtliche Perspektivenvielfalt geschaffen. Dabei berührt der Roman unvermeidlich Fragen der Hautfarbe, der sozialen Stellung, des Geschlechts, der Nationalität. Die unerbittliche Selbstbefragung Tshepos liest sich mitunter wie eine Selbstzerfleischung. Dass es zuletzt der Tod des Vaters ist, der ihn wieder zur Besinnung bringt, zeigt die Intensität seiner Irritation. Erst dieses Erwachen aus seinem Wahn lässt auch die Leser schließlich durchatmen.
K. Sello Duiker: Die stille Gewalt der Träume. Aus dem Englischen von Judith Reker. Wunderhorn, Heidelberg, 527 S., geb., 26,80 €.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/211687.maennerbefreiung.html