nd-aktuell.de / 14.02.2003 / Politik

Hungern und Frieren für den Frieden

Zwei Schüler im Streik gegen den geplanten Irakkrieg

Franziska Dähn
In Decken und Schlafsäcke eingepackt, mit Kapuze, Schal und warmem Tee trotzen Heike Peters (18) und Stephan Lipp (18) der Berliner Kälte. Sie haben sich auf Decken zu Füßen der Weltzeituhr niedergelassen und frieren für den Frieden. Vor ihnen steht ein Kassettenrekorder und spielt Herbert Grönemeyer. Am Montag sind die zwei Schüler aus Mecklenburg-Vorpommern aus Protest gegen den drohenden Irakkrieg in Hungerstreik getreten.
»Es war eine spontane Entscheidung während einer Unterhaltung. Wir hatten einfach beide das Bedürfnis, etwas zu tun«, sagt Heike Peters zu der Aktion. Damit überhaupt jemand auf sie aufmerksam werde, seien sie aus ihrem »Kaff« nach Berlin gekommen. »Krieg trifft nie die Verantwortlichen, sondern immer die Bevölkerung«, meint Stephan Lipp. Ein Krieg würde über Jahre hinaus Spuren in der Region und bei den Einwohnern hinterlassen. Mit dem Verzicht auf Essen bekunden sie auf ihre Weise Solidarität mit dem irakischen Volk.
Richtig geplant hatten die beiden Schüler diese ungewöhnliche Winterferienbeschäftigung jedoch nicht. Ein Schlafplatz bei zwei Vietnamesen ergab sich erst in Berlin, sonst hätten sie sich an Bekannte gewandt. Ein paar Freunde und ihre Eltern wurden über das Vorhaben informiert. Ab und zu rufen sie daheim an. »Die haben natürlich Verständnis für uns, machen sich aber auch große Sorgen«, sagt Peters. Verständnis gab es bisher auch von den meisten Passanten. »Viele sagen, dass sie für die Aktion sind und es gut finden, aber niemand macht mit«, bedauert Lipp. Sie möchten andere Kriegsgegner mit ihrem Engagement ermuntern und hoffen auf Nachahmer. Die Mitarbeiter der umliegenden Geschäfte seien sehr nett zu ihnen, brächten heiße Getränke. Ein paar negative Reaktionen von vornehmlich älteren Menschen mussten Heike Peters und Stephan Lipp jedoch auch schon wegstecken. »Aber das sind nur Ausnahmen.«
Bis zur bundesweiten Demonstration am Samstag wollen die Mecklenburger ihren Hungerstreik noch durchhalten. Sie denken, dass sich bis dahin auch noch der eine oder andere findet, der sich zu ihnen gesellt. »Ich bin inzwischen hundertprozentig sicher, dass wir es schaffen«, meint Heike Peters optimistisch. Es gebe zwar immer mal Phasen, in denen der Hunger groß sei. »Wenn uns Schokolade angeboten wurde, war das schon fies.« Aber das Schlimmste sei geschafft.