„Kommt die D-Mark, bleiben wir hier; kommt sie nicht, gehen wir zu ihr“ - Plakate mit dieser Losung sind längst verstaubt. Zurecht; denn es kam die Währungsunion, aber die Binnenwanderung Ost-West versiegte keineswegs. Auch 1991 sind mindestens 200 000 Menschen aus den neuen in die alten Länder gezogen. Derzeit stabilisieren sich die Abwanderungsströme auf einem etwas niedrigerem Niveau. Das geht aus dem „Regionalbarometer Neue Länder“ der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (BfLR) hervor. ND sprach mit den Wissenschaftlern Dr. Steffen Maretzke und Ferdinand Möller aus der Berliner BfLR-Außenstelle.
Seit der Wende haben rund eine Million Menschen Ostdeutschland verlassen. Eine brisante Zahl, denn ohne Zweifel sind „Wanderungen ein sensibles Spiegelbild politischer, ökonomischer und sozialer Veränderungen, individuelle Reaktionen auf regionale Unterschiede in den Lebensbedingungen“, wie Maretzke und Möller feststellen. Die auf Daten des Zentralen Einwohnerregisters Berlin basierenden Informationen der beiden Wissenschaftler sind mehr als beunruhigend. Nach ihrer Auffassung lassen sich selbst die niedrigeren Abwanderungs-Zahlen 1992 nicht als Zeichen der Entspannung werten, sondern haben damit zu tun, daß der Arbeits- und Wohnungsmarkt in den alten Ländern fast „dicht“ ist.
Die andauernden'?und sich verschärfenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme sind das Feuer unter dem Druckkessel Ost. Der Druck steigt, aber das „Ventil“ - die Möglichkeit, auszuweichen schließt sich. Reagieren Politik und Wirtschaft nicht, sind weitere soziale Entladungen nicht auszuschließen.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/378595.kessel-unter-druck-aber-ventil-schliesst-sich.html