nd-aktuell.de / 23.07.2003 / Ratgeber

Eine strafbare Handlung und ihre Folgen

Dr. PETER RAINER
Eine verbreitete und im Prinzip auch richtige Meinung: Wer eine Straftat begeht, bekommt Schwierigkeiten mit seinem Arbeitgeber. Eine Kündigung oder gar eine fristlose Entlassung stehen ins Haus.
Dennoch zwingt das Arbeitsrecht den Arbeitgeber zu einer differenzierten Reaktion auf eine Straftat des Arbeitnehmers. Zu unterscheiden ist zunächst, ob es sich um eine Straftat im Betrieb oder Straftaten im außerbetrieblichen Bereich handelt.

Straftaten im Betrieb
Ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers zu Lasten des Arbeitgebers oder der Kollegen rechtfertigt grundsätzlich eine Kündigung, gegebenenfalls eine fristlose Entlassung.
Durch die strafbare Handlung wird in jedem Fall in erheblicher Weise das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragspartnern gestört. Der Wert des entstandenen Schadens ist dabei nicht entscheidend (vergl. Ratgeber vom 19. Februar 03, Seite 4 »Diebstahl ist Kündigungsgrund«). 

Straftat im Privatbereich
Begeht der Arbeitnehmer eine Straftat im außerdienstlichen Bereich, so ist das allgemein kein wichtiger, eine Kündigung rechtfertigender Grund. Die Straftat ist keine Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und zieht daher zunächst keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen nach sich.
Wird durch die Straftat jedoch deutlich, dass dem Arbeitnehmer die persönliche und charakterliche Eignung für die vereinbarte Tätigkeit mangelt, kann dies zu einer personenbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen.
Die Folge des Verdachts- oder der Begehung einer Straftat ist oft eine Untersuchungs- oder Strafhaft. In diesem Fall ist es für eine Entscheidung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer zu kündigen, unerheblich, ob die Straftat im Betrieb oder im außerbetrieblichen Bereich begangen wurde. Entscheidend ist vielmehr, welche Auswirkungen die Verhinderung des Arbeitnehmers an der Erfüllung seiner Pflichten aus dem Arbeitsvertrag hat. Zu prüfen ist daher, für welchen Zeitraum die Abwesenheit des Arbeitnehmers zu erwarten ist. Ist dieser Zeitraum für den Arbeitgeber nicht zumutbar, kann das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet werden. 

Auswirkungen von Fehlzeiten
In Urteilen und in der arbeitsrechtlichen Literatur herrscht eine übereinstimmende Auffassung darüber, wann die Abwesenheit des Arbeitnehmers auf eine bestimmte oder unbestimmte Dauer zu unzumutbaren betrieblichen Auswirkungen führen kann. 

Betriebliche Beeinträchtigung
Als erhebliche betriebliche Auswirkungen werden Betriebsablaufstörungen, zusätzliche Kosten für Mehrarbeit, Vertretungskosten oder die Notwendigkeit einer Neueinstellung u.a. genannt. Können diese betrieblichen Beeinträchtigungen nicht durch für den Arbeitgeber zumutbare Überbrückungsmaßnahmen abgefangen werden, ist eine betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt.
Bei der bei einer Kündigung erforderlichen Interessenabwägung wird zu Lasten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sein, dass er die Verhinderung selbst verschuldet hat.

Wiedereingliederung erschwert
Schwerwiegend sind die Folgen einer Straftat auch für die weitere Berufstätigkeit. Obwohl eine Resozialisierung als gesellschaftliche Verantwortung anerkannt ist, gibt es keine gesetzlichen Regelungen, die den Wiedereingliederungsprozess des Straftäters in den Arbeitsprozess erzwingen könnten.
Bewirbt sich der Arbeitnehmer um einen neuen Arbeitsplatz, so ist er allerdings von sich aus nicht verpflichtet, eine begangene Straftat im Bewerbungsgespräch anzugeben. Der Arbeitgeber darf nach geltender Rechtsprechung den Bewerber nach Vorstrafen nur fragen, wenn dies die Art der Tätigkeit erfordert. Die Frage nach anhängigen Ermittlungsverfahren ist dagegen zulässig. Der bevorstehende Antritt einer Haftstrafe ist vom Arbeitnehmer bei einer Bewerbung in jedem Fall offenbarungspflichtig.