Ein kleines, altes Häuschen gleich am Luisenplatz in der Potsdamer Stadtmitte. An der etwas bröckeligen Fassade hängen lila Plakate mit Veranstaltungstips. Der Verein „Autonomes Frauenzentrum“ hat sich hier nach längerer Auseinandersetzung mit dem Rat der Stadt eingerichtet. Alles gibt's hier - nur für Frauen. Vom Selbstverteidigungskurs über die Tanzgruppe bis zur Rechtsberatung. Viel Kultur, viel Selbsthilfe. Außerdem ein gemütliches Cafe, in dem sich die Frauen abends treffen.
Doch so rosig wie die Stimmung in dem Cafe sieht die Zukunft des Frauenzentrums nicht aus. Trotz des wieder rückgängig gemachten ABM-Stopps sollen ab Sommer die acht ABM-Stellen des Vereines Stück für Stück auslaufen. Bisher konnten die Mitarbeiterinnen nur die ein] ährige Verlängerung des Frauennotrufes beim Arbeitsamt beantragen, gesichert ist allerdings noch nichts.
Woher das Geld für die restlichen Stellen in Verwaltung, Frauenhaus und Kinderbetreuung kommen soll, ist dagegen nicht klar. „Damit beginnt der erneute Papierkrieg, die Bittstellerei bei den verschiedenen Stiftungen und Institutionen für das Zentrum“, so Heiderose Gerber, zuständig für die Verwaltung des
Vereines. Auch der Wettlauf um die wenigen neu ausgeschriebenen Stellen im Sozialwesen fängt an.
„Wenn die ABM-Stellen wegfallen, bricht das Frauenzentrum völlig zusammen und wird von neuem nicht mehr aufzubauen sein“, so die Mitarbeiterin Anna Brömsel mit bitterem Lächeln. Für die Potsdamerinnen wäre das ein heftiger Schlag. Denn hier kommen in der Woche an die 200 Frauen der Stadt zusammen. „Wir haben ein festes Stammpublikum, für das unser Zentrum ein wichtiger Anlaufpunkt ist“, stellt Heiderose Gerber fest.
So ein zentral gelegenes Haus würden die Initiatorinnen dieses Frauentreffpunktes in Potsdam nicht mehr finden. Sofort wäre die beliebte Im-
mobilie in den Händen irgendwelcher Makler, wenn dem Verein die Mittel fehlten. Drumherum haben sich schon die Sparkasse und diverse Einkaufsshops eingerichtet. Doch so schnell geben die Frauen nicht klein bei. Sie bemühen sich um verschiedene Fördermöglichkeiten. Und hoffen außerdem auf eine Verlängerung von wenigstens drei ABM-Stellen im Rahmen des §249 h des Arbeitsförderungsgesetzes.
Doch wenn das klappt, was kommt dann nach der Verlängerung? Deutlich wird auch hier wieder die Zweischneidigkeit der ganzen AB-Maßnahmen. Gesellschaftlich notwendige Arbeitsbereiche werden mittels ABM auf Arbeitslose umgewälzt. Die Kosten trägt die Arbeitslosenversicherung und nicht der Staat. Besonders ausgenutzt werden dabei die Frauen. Sie sind von der Arbeitslosigkeit am ehesten betroffen und haben oftmals Berufe im! Sozialbereich. Als erste nehmen sie die ABM-Stellen in Anspruch und bau-
en Projekte auf, die soziale Spannungen abbauen sollen.
So auch bei einem Teil der Mitarbeiterinnen des Frauenzentrums. Sie kommen zum Teil aus Erzieher- oder Pflegerinnenberufen. Mittels ABM sind sie zu Stellen gekommen, die befristet und dazu unterbezahlt sind. In einem sozialen Projekt, dem auch noch jeder-I zeit die Mittel gekürzt werden können. Viele Frauen arbeiten sogar ehrenamtlich mit. Gerade Frauen, die arbeitslos geworden sind und chancenlos dem Arbeitsmarkt gegenüberstehen.
„Erst wollen sie die Projekte kaputt machen und uns dann wieder mit kleinen Summen beruhigen“, sagt Anna Brömsel wütend. Gemeint sind die zwei Milliarden DM, die der Bund im „Solidarpaket“ rüberschieben will. Am Donnerstag treffen sich die ostdeutschen Arbeitsminister mit ihrem Bonner Chef Blüm (CDU), um die Verteilung dieser Summe zu bestimmen. Ob die Frauen in Potsdam von dem kleinen Kuchen ein paar Krumen abkriegen?
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/410055.frauenprojekt-steht-auf-der-kippe.html