Längst ist sie Sportgeschichte, die WM-Premiere 1983 in Helsinki. Damals, als 800-m-As Willi Wülbeck nach einem unvergeßlichen Spurt sensationell siegte, als Marita Koch (200 m) ein Kapitel, ihrer glanzvollen Karriere schrieb, und eine Weitspringerin namens Heike Daute zu den zehn DDR-Titelträgern zählte.
„Für mich liegt das unheimlich lange zurück. Aber ich merke die Jahre nicht“, sagt Heike Drechsler, die damals mit 7,27 m triumphierte und heute für Stuttgart größere Favoritin als damals ist. Die 28jährige Jenaerin, die für gut 20 Starts pro Jahr jeweils fünfstellige Summen scheffelt, sagt: „Heute macht es mehr Spaß, denn der Leistungsdruck ist nicht mehr so groß wie früher.“
Heike Drechsler ergänzt zusammen mit Geher Ron Weigel (Berlin), der damals über 50 Kilometer triumphierte, ein elitäres Kleeblatt von Athleten,, das. zehn Jahre danach WM-Gold holen könnte. Die beiden anderen sind die Welt-
stars der Szene schlechthin: Carl Lewis, damals dreimal vorn, und Sergej Bubka, dessen Stern in Finnland aufging.
Die Spikes von Willi Wülbeck hängen längst am Nagel. Eine Schleimbeutelentzündung am Fuß setzte damals der Karriere des Mannes, der zehnmal in Serie deutscher 800-m-Meister war, ein vorzeitiges Ende. „Ich durfte damals nicht die reizvollen Startgelder ernten. Aber ich habe dennoch gut für meine Zukunft gesorgt“, sagt der heute 38jährige. Schon damals kaufte er ein Haus. Inzwischen hat er sich im Sportsponsoring und -marketing etabliert.
Die einstigen DDR-Größen hatten erst gar keine Chance, den WM-Lorbeer zu versilbern. Auch Marita Koch nicht, die als überragende Leichtathletin der achtziger Jahre heute mit ihrem früheren Trainer und jetzigen Ehemann Wolf gang Meier in Rostock ein Sportgeschäft betreibt. Der Erfolg von damals trägt also auch so Früchte. „Aber reich
werden kann man davon nicht“, sagen die beiden.
Marlies Göhr, die damals über 100 m triumphierte, hat inzwischen ihr Psychologiestudium beendet, wurde arbeitslos und hat in der Nähe von Jena eine Halbtagsstelle. „Ich treffe sie allenfalls bei offiziellen Anlässen“, sagt Heike Drechsler.
Sabine Busch (Erfurt/1983 Weltmeisterin über 4x400 m) ist heute im Thüringer Sozialministerium tätig. Ramona Neubert, damalige Titelträgerin im Mehrkampf, heißt nun Raulf, arbeitet als Sportlehrerin in der medizinischen Fachschule in Dresden.
Erst jetzt hat Martina Hellmann (Leipzig), 1987 erneut Diskus-Weltmeisterin, die Scheibe aus der Hand gelegt. Detlef Michel (Berlin), dem ISTAF-Organisator Rudi Thiel eine Stelle besorgte (sammelt auf Baustellen Lohnscheine ein), läßt den Speer noch immer nicht los. Er wurde erst jetzt norddeutscher Vizemeister.
GERD HOLZBACH
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/435333.nicht-alles-gold-versilbert.html