Mit Können, Phantasie, Engagement, etwas Geld läßt sich noch immer eine Revue für Kinder bewerkstelligen, die ihr begeistertes Publikum findet. Und das, obwohl man ohne die Zugkraft von Stars auskommen muß. So geschehen im Halleschen Steintorvariete'. „Schlapps und Schlumbo“, zwei Pantoffel - die Schauspieler Christine Stahl und Detlef Nier stecken darin - sowie die Handpuppe Bommelchen (Conny Geweniger/Dieter. Peust) machen sich auf den Weg, um in „Vielbesserland“ ein neues, bequemes Sofa für sich zu kaufen. Aber überall, wo sie hinkommen, stellt sich heraus, die neuen, verlockenden Angebote erweisen sich bei genauerem Hinsehen als schlechter als das alte Sofa. Obwohl der windige Herr Fuchs(er), Gert Melzer, nichts unversucht läßt, die Angebote den Suchenden schmackhaft zu machen. Die aber sind durch Erfahrung mittlerweile so gewitzt, daß sie auf Blendwerk nicht mehr hereinfallen. Am Schluß stellen sie, wieder auf dem alten Sofa sitzend, fest, das „Vielbesserland“ existiert nur in den Wünschen der Leute, und nicht unbedingt alles
Altbewährte ist dem glitzernden Neuen unterlegen.
Monika Ehrhardt ist es gelungen, die Geschichte ohne aufdringliche Didaktik zu erzählen. Sie erschließt sich den begeisterten Kindern auf unterhalsam-spielerische Weise. Und werden die jungen Zuschauer von den Akteuren auf der Bühne ins Spiel mit einbezogen, sind sie mit vor Aufregung geröteten Wangen eifrig bei der Sache. Einige hält es dann schon mal nicht auf den Plätzen,r.sie drängen vor zum Bühnenrand.
Regisseur Dieter Peust hat es gut verstanden, Szenen voller Action mit Momenten der Besinnlichkeit zu verbinden. Und die unaufwendige, jedoch phantasieanregende Ausstattung von Kerstin und Winfried Alexander vermag auch den bildschirmgeprägten Sehgewohnheiten der Knirpse genügend optische Reize zu geben, daß sie die ca. 90 Minuten bei der Sache sind.
Die Schauspieler singen Playback oder Halbplayback. Reinhard Lakomy hat sich wieder viele schöne Lieder einfallen lassen. Einprägsame Melodien in interessantem Sound. Selbst wenn es rockt,
werden die Ohren der Jüngsten nicht mit undifferenzierter Lärmattacke zugeschüttet, auch für Kuschelmelodien ist Raum.
Neben den professionellen Akteuren - mit von der Partie sind noch Andreas Neugeboren, Nuri Feldmann und Klaus Reichenbach in verschiedenen Rollen - sorgen aber vor allem die vielen jungen Tänzer aus dem Tanzzentrum-No.l und vom Tanzprojekt „ad libitum“ aus Halle für den Erfolg. Die Kleinsten, wuseln über .die Bühne, daß es eine Freude ist, die etwas größeren Damen versuchen sich schon einmal auf Spitze oder in Girlreihe als Showballett. Von den technischen Schwierigkeiten einmal abgesehen, für letzteres sind sie nun aber doch zu jung.
Nicht nur in der Vorweihnachtszeit sollten möglichst viele Eltern sich und ihren Sprößlingen das Vergnügen gönnen und ihre Schritte ins altehrwürdige Steintorvariete' von Halle lenken. Es lohnt sich auch, die von Jumbo Hamburg produzierte und vom Berliner Buschfunk vertriebene CD oder MC mit den Liedern der Revue zu erwerben. Ein passendes Geschenk.
GÜNTER GORTZ
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/458907.vergebliche-suche-nach-dem-vielbesserland.html