nd-aktuell.de / 11.03.1994 / Sport / Seite 15

Lukratives Angebot stimmte ihn um

Entgegen seiner bisherigen Absicht, nach dieser Saison seine große Karriere zu beenden und als Repräsentant bei der Ortskrankenkasse einzusteigen, wird der 2 9jährige Olympiasieger von Lillehammer weitermachen. „Ich habe mich mit meiner Frau Nicola beraten und werde nun doch nicht aufhören“, erklärte Weißflog. Das geplante Abschiedsspringen am 21. Mai in Oberwiesenthal wurde abgesagt.

Beharrlich hatte Weißflog bisher immer an seinem Rücktritt festgehalten. „Auch wenn ich in dieser Saison alles gewinnen sollte, werde ich aufhören“, hatte der dreimalige Olympiasieger betont. Doch schon in Lillehammer war er von DSV-Sportdirektor Helmut Weinbuch („Als Kopf unserer Mannschaft muß der Jens noch ein Jahr dranhängen“), der dem Sachsen kurz vor Weihnachten einen lukrativen Sponsorenvertrag verschafft hatte, zum Weitermachen animiert worden. Weitere finanzielle Perspektiven haben Deutschlands erfolgreichsten Springer umge-

stimmt, trotz vieler Probleme noch eine Saison dranzuhängen. In ornsköldsvik unterrichtete Weißflog dann Bundestrainer Reinhard Heß von seinem Entschluß.

„Für Jens, unseren Verein und den Oberwiesenthaler Nachwuchs ist es sehr gut, daß Jens noch ein weiteres Jahr springen wird“, sagte Peter Grundig. Der Heimtrainer von Weißflog war von der Entscheidung seines Springers ebenso überrascht worden. Nicht einmal die Marketing-Agentur, die das Abschlußspringen am 21. Mai organisieren sollte, hatte eine Ahnung: Erst am Donnerstag vormittag unterrichtete Nicola Weißflog zu Hause die Werbeleute. DSV-Koordinator Rudi Tusch konnte den Entschluß'nicht glauben: „Das ist ein Hammer. Das kann ich schier nicht glauben. Jens hatte doch seine Rücktrittsabsichten stets so überzeugend vertreten.“

Offenbar waren die finanziellen Offerten so überzeugend, daß Weißflog nicht anders konnte, als weiterzumachen, obwohl er immer wieder betont hatte, wie schwer es ihm nach zehnjähriger Zugehörigkeit zur Weltklasse und einigen Verletzungen falle, täglich (und meistens allein) zu trainieren. Noch in Lillehammer hatte Weißflog am Rücktritt festgehalten und orakelt: „Wer gibt mir die Garantie, daß es im nächsten Winter noch einmal so gut läuft.“ Auch Reinhard Heß war bis zuletzt vom Rücktritt überzeugt. „Der Jens hat doch im Kopf schon mit der Sprin-

gerei abgeschlossen. Ich würde ihm sogar empfehlen, daß er aufhört , hatte der Bundestrainer gesagt und daraufhin Dieter Thoma zur neuen Nr. 1 erkoren.