nd-aktuell.de / 25.02.2004 / Ratgeber
Garagenenteignung ab 1. Januar 2007?
Ich bin Eigentümer einer Garage auf fremdem Grund in einer Zeile von zwölf Garagen in meinem Wohngebiet, die während der DDR mit Genehmigung errichtet wurden. Die Nutzungsverträge über die Flächen unterliegen dem Schuldrechtsanpassungsgesetz. Ich las, dass das Eigentum an solchen Garagen und anderen Baulichkeiten ab dem 1. Januar 2007 ohne Entschädigung an den Bodeneigentümer übergeht. Meiner Meinung nach ist das eine unzulässige Enteignung. Wie können wir uns wehren?
Fritz B., Schwarzenberg
In der Tat hat das Schuldrechtsanpassungsgesetz vom 21. September 1994, also vor fast zehn Jahren, bestimmt: § 11 Abs. 1 - »Mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses geht das nach dem Recht der DDR begründete, fortbestehende Eigentum an Baulichkeiten auf den Grundstückseigentümer über. Eine mit dem Grund und Boden nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck fest verbundene Baulichkeit wird wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.« So wird das DDR-Recht schrittweise in bürgerliches Recht umgewandelt.
Zur Entschädigung heißt es in § 12 Abs. 1: »Der Grundstückseigentümer hat dem Nutzer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses eine Entschädigung für ein nach den Rechtsvorschriften der DDR errichtetes Bauwerk nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu leisten ...«. Abs. 2 besagt: »Endet das Vertragsverhältnis durch Kündigung des Grundstückeigentümers, ist die Entschädigung nach dem Zeitwert des Bauwerkes im Zeitpunkt der Rückgabe des Grundstückes zu bemessen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn ... das Vertragsverhältnis zu einem Zeitpunkt endet, in dem die Frist, in der der Grundstückseigentümer nur unter den in diesem Gesetz genannten besonderen Voraussetzungen zur Kündigung berechtigt ist (Kündigungsschutzfrist), seit mindestens sieben Jahren verstrichen ist.«
Nach Novellierungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes wird in § 23 Abs. 6 bestimmt, dass Grundstückseigentümer bzw. Verwalter schon seit dem 1. Januar 2000 Garagenflächen ohne Angabe von Gründen nach den allgemeinen Bestimmungen des BGB kündigen können. Grundlage dafür war ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999, wonach die Kündigungsschutzregelung für Garagengrundstücke mit der Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG für unvereinbar erklärt wurde. Rechnet man die sieben Jahre der hinzu, die gewissermaßen noch eine Schutzfrist für die Verlängerung der Zeitwertentschädigung ist, dann wird eben der 1. Januar 2007 zum springenden Punkt.
Damit beschäftigen sich viele DDR-Garageneigentümer aus Furcht vor Verlust seit Jahren. Und so manche Garagengrundstücks-Eigentümer - sowohl private und kommunale als auch genossenschaftliche und gesellschaftliche - hoffen darauf, durch die künftig eigene Verpachtung der Garagen höhere Einnahmen als das aktuelle Nutzungsentgelt zu erzielen.
Garageneigentümer, vor allem die Vorstände von Garagengemeinschaften (Zwischenpächter) sollten sich, wenn sie es denn nicht längst getan haben, schnellstens mit der Rechtslage vertraut machen und ihre Ansprüche aus § 12 Abs. 3 Schuldrechtsanpassungsgesetz begründen. Denn der Nutzer kann auch nach dem Ende der Siebenjahresfrist eine Entschädigung verlangen, »soweit der Verkehrswert des Grundstückes durch das Bauwerk im Zeitpunkt der Rückgabe erhöht ist«.
»Verkehrswert« und »erhöhter Wert des Grundstückes« sind nicht dasselbe. Kündigt der Vermieter eine Garagenfläche vor dem 1. Januar 2007, ist er verpflichtet, den Verkehrswert für die Baulichkeit als Entschädigung an den Garageneigentümer zu zahlen, auch dann, wenn er die Garage nicht selbst nutzt oder verpachtet oder wenn er sie gar abreißt. Kündigt er nach dem 31. Dezember 2006, hat er nur die »Werterhöhung« des Grundstückes zu zahlen. Die Werterhöhung gilt, wenn der Grundstückseigentümer die Garage selbst nutzt oder neuerlich vermietet. Es wird Garagen und Garagenkomplexe geben, die bei vorhandener Nachfrage durch spätere Weitervermietung/Verpachtung hohe Einnahmen versprechen. Da mag der Unterschied zwischen beiden Entschädigungsarten gering sein.
Garageneigentümer sollten alle Unterlagen zusammenstellen, die den bisherigen finanziellen und sonstigen Aufwand und den Zustand der Garagen und der Anlage belegen. Gegebenenfalls nützt ein Wertgutachten, in das die weitere Nutzung und die möglichen Einnahmen einbezogen und mit bewertet werden können.
Angeraten sind auch politische Aktivitäten, gemeinsames Vorgehen von Gemeinschaften, um auf eine Gesetzesänderung zu drängen und so die Entschädigung zum vollen Verkehrswert sicher zu stellen. Auch fachkundige Vereine und Verbände engagieren sich für Garageneigentümer und haben schon Vergünstigungen erstritten.
Das Verhalten der Grundstückseigentümer wird sich, sollte die jetzige gesetzliche Regelung bleiben, sehr unterschiedlich sein. Sie richtet sich nach den örtlichen Verhältnissen. Kündigungen können ausbleiben und die Nutzungsverträge mit dem Nutzungsentgelt wie bisher weiterlaufen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, sich mit dem Grundstückseigentümer, vor allem dem kommunalen, zum gegenseitigen Vorteil zu einigen (siehe auch Ratgeber Nr. 625 vom 4. Februar 2004, S. 5, Beispiel Strausberg). Manche Gemeinde und manches Wohnungsunternehmen ist sicher bereit, eine solche Vereinbarung zu treffen. In einigen Orten besteht Garagenleerstand, ein Hindernis für Kündigungen. Das sollten Garageneigentümer und Vorstände für günstige Abmachungen nutzen.
Dr. jur. HEINZ KUSCHEL
Ansprechpartner auch: Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN), Tel. 030/514 888-50/-10, Verband der Kleingärtner, Siedler und Grundstücksnutzer (VKSG), Tel. 030/97 21 069
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/49299.garagenenteignung-ab-januar.html