nd-aktuell.de / 02.11.1994 / Kultur / Seite 12

Beschlagnahme und deren Folgen

schlagnahme von Gegenständen.

Der Beschlagnahme bzw. Sicherstellung gem. § 94 StPO unterliegen „Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können“ (§ 94 StPO). Da dieser wegnahmegleiche Rechtseingriff typischerweise zu einem relativ frühen Zeitpunkt stattfindet, in dem noch nicht genau abzusehen ist, worauf sich das Strafverfahren konzentrieren wird, ist nicht unwahrscheinlich, daß eher mehr als weniger sichergestellt oder beschlagnahmt wird; es kann ja später (wann ?) wieder frei- und zurückgegeben werden.

Neben der Beschlagnahme bzw. Sicherstellung von möglichen Beweismitteln (§ 94 StPO) ist gem. §§111 b und 111 c StPO die Sicherstellung bzw. Beschlagnahme von Gegenständen zulässig, die der Einziehung (so z.B. des Führerscheines) oder gem. § 73 ff StGB dem Verfall

unterliegen können (so das aus einer Straftat Erlangte, einschließlich gezogener Nutzungen bzw. des Wertersatzes).

Wichtig ist die Vorschrift des § 97 StPO über beschlagnahmefreie Gegenstände. Zu diesen gehören vornehmlich Schriftstücke von zur Zeugnisverweigerung berechtigten Personen (nahe Angehörige, Rechtsanwälte, Ärzte, Geistliche u.a.) oder an diese gerichtete. Beschlagnahmefrei sind diese aber nur, soweit sie sich noch oder schon bei diesen zur Zeugnisverweigerung Berechtigten befinden (§ 97 Abs. 2 Stz 1 StPO).

Bezüglich dieser beschlagnahmefreien Gegenstände besteht ein sog. Verwertungsverbot; d.h. sind sie unzulässigerweise doch beschlagnahmt worden, dürfen sie als Beweismittel vor Gericht nicht verwertet werden.

Beim Beschuldigten vorgefundene Aufzeichnungen dieser Art, z.B. Schriftsätze

des Verteidigers an seinen Mandanten, können demgegenüber ohne weiteres beschlagnahmt werden!

Die Beschlagnahme von (der Beschlagnahme unterliegenden) Gegenständen darf grundsätzlich nur vom Richter angeordnet werden. Allerdings sind bei „Gefahr im Verzüge“ auch die Staatsanwaltschaft und ihre polizeilichen Hilfsbeamten, namentlich die Kriminalpolizei (also nicht die „gewöhnliche“ Polizei) zu solcher Anordnung befugt.

Da darüber, ob „Gefahr im Verzüge“ besteht, eben diese Befugten (Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten) selbst entscheiden, ist in der Praxis der Richtervorbehalt der Beschlagnahmeanordnung weitgehend durchlöchert.

Allerdings „soll“ der Beamte, der einen Gegenstand ohne richterliche Anordnung beschlagnahmt hat (weil eben „Gefahr im Verzüge“ angenommen wurde), binnen drei Tagen

die richterliche Bestätigung beantragen, allerdings nur, wenn die Beschlagnahme in Abwesenheit des Betroffenen oder eines erwachsenen Angehörigen erfolgte oder wenn der Betroffene (bzw. der anwesende erwachsene Angehörige) „gegen die Beschlagnahme ausdrücklich Widerspruch erhoben hat“ (§ 98 Abs. 2 Satz 1 StPO).

Unabhängig davon kann der Betroffene (gem. § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO) jederzeit die richterliche Entscheidung beantragen.

Rührt man sich also nicht, bleibt es bei der Beschlagnahme allein durch die Polizei!

Im Fall einer (ohne richterliche Anordnung erfolgenden) Beschlagnahme sollte vorsorglich unverzüglich und vernehmlich auch durch Vermerk auf dem Beschlagnahmeprotokoll - widersprochen werden. Danach ist dann sogleich die richterliche Entscheidung über die Beschlagnahme zu beantragen. (Das ist die spezifische Rechtsschutzmaßnahme gegen Beschlagnahmeanordnungen der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft in diesen Fällen.)