nd-aktuell.de / 20.04.2004 / Politik
Markennummer 30334503
Ein Karlsruher Geschäftsmann hat sich die DDR lizenzieren lassen - und will jetzt abkassieren
Wolfgang Hübner
Was hätten sie sich gefreut im SED-Politbüro, wenn es ihnen gelungen wäre, das DDR-Wappen, das Parteisymbol und gar noch die bloße Buchstabengruppe DDR beim Münchner Patentamt schützen zu lassen. Es wäre - neben möglichen Tantiemen für den Gebrauch der geschützten Marken - so etwas wie eine diplomatische Anerkennung durch die freie Marktwirtschaft gewesen.
Was den führenden Genossen nicht im Traum eingefallen wäre, hat inzwischen ein Lizenzhändler aus Karlsruhe getan: Er investierte ein paar Hundert Euro Gebühren und sicherte sich beim Patentamt das Recht nicht nur auf die Symbolik der DDR, sondern auch auf die der FDJ, des DDR-Fußballverbands, der Staatssicherheit, der NVA-Sportvereinigung Vorwärts und einiger DDR-Fußballvereine. Nun sitzt er in Karlsruhe und versucht, Lizenzgebühren zu kassieren. Er ruft beispielsweise eine Firma an, teilt mit, dass er die DDR gekauft habe und nun Geld will.
Zu den Betroffenen gehört das Berliner Internet-Versandhaus Mondos Arts, das seit über zehn Jahren unter anderem T-Shirts mit FDJ-Logo und und Uhren mit DDR-Wappen anbietet. Letzteres hat sich aber Jansen unter der Markennummer 30334503 schützen lassen - für Tonträger, Hemden, Unterwäsche, Krawatten, Aschenbecher, Schnupftabakdosen und vieles mehr. Vor einem halben Jahr meldete Jansen bei Mondos Arts seine Ansprüche an, sagt Jörg Davids von dem Berliner Unternehmen. Daraufhin stellte die Firma beim Patentamt ebenfalls einen Antrag auf die »Wortmarke DDR« und handelte sich eine Ablehnung ein. Aber nicht etwa, weil die Rechte schon vergeben sind, sondern weil diese Abkürzung nicht geeignet sei, »die von der Anmeldung erfassten Waren bezüglich ihrer Herkunft aus einem Unternehmen von derjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden«, wie ein Herr Hochmuth vom Patentamt mitteilte. Dieser Einwand galt bei Jansen offensichtlich nicht.
Dass mit Logos und Symbolen von Wirtschaftsunternehmen gehandelt und Geld gemacht wird, ist nichts Neues. Beispielsweise muss Mondos Arts auch für die Benutzung des Logos der DDR-Fluggesellschaft Interflug an einen Rechteinhaber zahlen. Eingetragene Rechte auf staatliche Symbole gab es bisher dagegen kaum. Jansen hat es versucht und gewonnen - und organisierte sich gleich eine juristische Absicherung. Bei einer Rechtsanwaltskanzlei bestellte er ein Gutachten, das ihm bescheinigt, dass alles mit rechten Dingen zugehe. Indem das Patentamt die Marken auf Jansen eingetragen habe, bestätige es die Korrektheit. Lägen nämlich Bedenken vor, hätte das Amt anders entschieden, befinden die Anwälte in unübertrefflicher Logik. Derart abgesichert sind auch Jansens Rechte, das FDJ-Symbol auf Präservativen, Vibratoren, Unterleibsgürteln und ähnlichen Gerätschaften abzubilden - wen immer das zu irgendetwas inspiriert.
Matthias Oehme, als Chef des Berliner Eulenspiegel-Verlages für Satire zuständig, findet die Angelegenheit ganz und gar nicht lächerlich. Er ist »zumindest indirekt betroffen«, denn Jansens Rechte beziehen sich ja auch auf allerhand Druckerzeugnisse. Und außerdem vertritt der Verlag die Urheberrechte des inzwischen verstorbenen DDR-Zeichners Heinz Behling, der einstmals das DDR-Wappen entworfen haben soll. Das wird derzeit noch geklärt. Schon jetzt aber ist es für Oehme äußerst fragwürdig, dass bei solchen Patentierungen die Frage der Urheberschaft überhaupt nicht berücksichtigt wird. Zudem sei es »absurd, wenn sich ein Wessi aus Karlsruhe bei anderen Wessis in München die Rechte über das FDJ-Symbol bescheinigen lässt, dessen öffentliches Zeigen in den alten Bundesländern immer noch verboten ist«. Das, so Oehme, sei ihm eine Strafanzeige wert, die sein Anwalt vorbereitet. Außerdem will er Jansens Patentrecht auf das DDR-Logo wieder löschen lassen.
Oehme will nun nicht seinerseits alle möglichen Rechte aufkaufen, die seinen Verlag interessieren könnten. Er möchte »dagegen vorgehen, dass Claims abgesteckt werden und Leute sich Privatrechte an Zeichen und Begriffen sichern, die unserer Auffassung nach zum Volkseigentum gehören«.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/51903.markennummer.html