Sport (Sportverlag Berlin 1989) oder durch die Sammlung „Sport - Sportgeschichten“ (Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 1993).
Aber es gelingt Günter Berg, eine ganze Reihe kaum bekannter Texte von Brecht, die sich mehr oder weniger direkt auf den Boxsport beziehen, sorgfältig und assoziationsreich zu erschließen. Hervorzuheben sind u.a. der Plan und die verschiedenen Entwürfe zum Boxerroman „Das Renommee“ (1926/27), die auch als Fragmente außerordentlich lesenswert sind, weil sie über die oft zitierte Beziehung Brechts zum Boxsport, über die viel spekuliert wurde, wesentliche Auskünfte erteilen.
Korrespondierend mit anderen Texten - ob als Antworten
auf öffentliche Umfragen, als Regieanweisungen oder Notate zu den Inszenierungen seiner Stücke, als Geschichten oder als Gedichte - wird deutlich, daß Brecht zeitlebens von der Faszination des Boxsports erfaßt war.
Ob allerdings sein „Lebenslauf... verblüffend dem eines tugendreichen Boxers“ gleicht, wie Berg resümiert, ist eine ungewöhnliche und überraschende These, die aber doch anzuzweifeln ist, weil sie der Gesamtpersönlichkeit Brechts und seinem Gesamtwerk als Dichter, Dramatiker und Theatermann, ja nicht einmal seinem merkwürdigen Verhältnis zum Sport, gerecht wird. Auch die zusammengetragenen „Indizien“ überzeugen nicht son-
derlich. Vielleicht hat die einseitige Fixierung des Herausgebers auf den Boxsport bei der Sichtung der Texte ihn zu seinen Folgerungen verführt.
Die Parabeln „Der Zweckdiener“, „Über Leibesübungen“ und „Herr Keuner und Freiübungen“ wirken wie verloren in dieser Auswahl, „Vom Schwimmen in Seen und Flüssen“, „Vom Klettern in Bäumen“, „Rudern, Gespräche“, das „Sportlied“ fehlen seltsamerweise. Aber deren Interpretation hätte gewiß zu einer differenzierteren Sicht auf Brecht im Zusammenhang mit der Thematik der Textsammlung veranlaßt.
Dennoch wird dem Brecht-Freund dieses Taschenbuch gerne empfohlen.
Prof. Dr GÜNTER WITT
Bertolt Brecht, Der Kinnhaken und andere Box-und Sportgeschichten. Herausgegeben von Günter Berg, Suhrkamp Taschenbuch 2395. Preis 10,80 DM
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/531539.der-kinnhaken.html