nd-aktuell.de / 18.08.2004 / Sport

Rückkehr in die Antike

Kugelstoßen heute im antiken Stadion auf dem Peloponnes

Aus Athen berichtet Jürgen Holz
Die Rückkehr der Olympischen Spiele 2004 an ihren Ursprung in Griechenland, weckte beim Olympia-Gastgeber Begehrlichkeiten. Bekanntlich wurde schon 776 vor Christus in Olympia, im Nordwesten des Peloponnes, um Ruhm und Ehre gekämpft. 1896 fanden in Athen die ersten Spiele der Neuzeit statt. Nun, 108 Jahre später, sind es die 28. Spiele, die auf griechischem Boden in vorwiegend modernen Stätten ausgetragen werden. Aber die traditionsbewussten Griechen verknüpfen in diesen Tagen die Spiele auch mit einer Rückkehr an antike Stätten. So wird der Marathonlauf auf seiner ursprünglichen Strecke ausgetragen. Allerdings über die seit den Spielen von London 1908 übliche Länge von 42,195 km und nicht wie einst über 40 km. Das Bogenschießen findet als einzige der 28 Sportarten im alten Olympiastadion von 1896 statt. Dort, im wieder aufgebauten Pana-thinaikon-Stadion, ist auch das Ziel des Marathonlaufs. Die Radrennfahrer rasten schon am Wochenende durch das historische Zentrum Athens unterhalb der Akropolis. Den eigentlichen Clou aber gibt es heute: Im Kugelstoßen kämpfen die Frauen und Männer im antiken Olympiastadion auf dem Peloponnes um die Medaillen, 300 Kilometer südwestlich von Athen. Erstmals seit 1610 Jahren werden hier wieder Olympiasieger ermittelt. Die Siegerzeremonie wird es allerdings erst einen Tag später geben - in Athen. Der Entscheidung, ins antike Olympia zu gehen, wird von den Traditionalisten applaudiert. Andere, insbesondere Archäologen, bedenken das Spektakel am Originalschauplatz mit Unmut, Wut und Widerstand. Theodore Georgantas, Journalist bei der griechischen Sportzeitung Derby-Sports: »Mit den Spielen nicht an die antiken Sportstätten zu gehen, hätten viele für eine Sünde gehalten, die selbst den Göttervater Zeus erzürnen würde. Griechenland hätte vor den Augen der Welt eine Gelegenheit vertan, seine reiche Geschichte zur Schau zu stellen. Die Gegner sprechen von Respektlosigkeit und Medien-Kalkül.« Die Archäologen fürchten um die bauliche Substanz und sagen gravierende Schäden voraus. Sie sehen trotz der angestrebten Begrenztheit des Menschenansturms das Ausgrabungsgelände bedroht. Wissenschaftler wenden ein, dass die Aufnahme des alten Olympia in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO gefährdet sei. Die Gegner der demonstrativen Rückkehr Olympias auf den Peloponnes haben zumindest einige ihrer Forderungen durchsetzen können. So wurde die Zuschauerzahl auf 15000 begrenzt. Auch die Zahl der Journalisten, Fotografen und TV-Mitarbeiter wurde streng limitiert. Sie alle werden von den umliegenden, mit Gras bewachsenen Hügeln die Kugelstoß-Konkurrenz verfolgen. Eine elektronische Anzeigetafel fehlt ebenso wie eine Videowand. Es gibt lediglich eine mechanische Anzeigetafel. Keine Fahnen, keine Werbebanden. Zeichen dafür, dass das ATHOC bemüht ist, die antike Stätte zu respektieren. Die 83 Athleten - 44 Männer und 39 Frauen, unter ihnen auch Olympiasiegerin Astrid Kumbernuss und Ralf Bartels aus Neubrandenburg - sind schon am Montag zum Militärflughafen in Andrawida geflogen worden und wurden ins 35 km entfernte Alpheiostal gebracht. Eine Ausnahme hat sich das ATHOC nicht verkniffen: Die führenden Mitglieder von IOC, NOK und Leichtathletik-Weltverband IAAF müssen nicht die ganze Zeit stehen. Der Vorkampf der Frauen beginnt schon um 8.30 Uhr (Ortszeit), und die Finals sind erst um 16 Uhr (Frauen) und 17.30 Uhr (Männer). Eine lange Zeit für die VIPs. Sie bekommen Stühle...