nd-aktuell.de / 09.05.1996 / Politik / Seite 3

„Auf ausgelatschten Wegen etablierter Parteien

Christine Ostrowski und Ronald Weckesser haben sich die Lufthoheit über den Stammtischen erschrieben“, meint Hanno Harnisch bündig. Der Pressesprecher des PDS-Bundesvorstandes bringt die Ablehnung vieler PDSler gegenüber dem „Brief aus Sachsen“ (siehe ND vom 8. Mai) auf den Punkt. In dem Brief der beiden Dresdner werden tragende Säulen der PDS-Politik zur Debatte gestellt.

Es sei für Christine Ostrowski das wichtigste Erfolgskriterium, in den Medien widergespiegelt zu werden, erklärten die sächsischen Landtagsabgeordneten Heiko Hilker und Uwe Adamczyk wohl aus näherer persönlicher Kenntnis ihrer Fraktionskollegin. Dies ist ihr zweifellos gelungen. Immerhin begrüßt es der sächsische PDS-Landesvorsitzende Reinhard Lauter, daß Ostrowski und Weckesser „aus ideologischen Wolkenfestungen in die Nähe der Wählerinnen und Wähler umziehen wollen“ Aber damit haben sich die wohlwollenden Äußerungen fast erschöpft.

Besonderen Unmut hat Ostrowkis und Weckessers Forderung verursacht, die PDS solle vom Westen ablassen und

sich ganz auf Ostdeutschland konzentrieren. Claudia Gohde, im Bundesvorstand für die westlichen Landesverbände zuständig, findet, daß man schon über den Weg des Westaufbaus nachdenken muß. Ein Rückzug auf den Osten stehe aber nicht zur Diskussion. Sie findet es überheblich, wie Ostrowski den Eindruck zu erwecken, die Partei füttere im Westen ein paar linksradikale Spinner durch, die sich PDS nennen. „Mich verbindet mit etlichen Westgenossen mehr“, so PDS-Vize Angela Marquardt, „als mit Leuten wie Harald Buttler und Christine Ostrowski.“