nd-aktuell.de / 05.10.1996 / Politik / Seite 20

Erneut rechter Überfall in Trebbin

Täter festgenommen, Haftbefehle auch gegen Männer, die in Potsdam Kenianer schlugen

(dpa/ND). Rechtsradikale haben in Trebbin einen weiteren Überfall begangen. Fünf junge Männer zerschlugen in der Nacht zum Freitag die Einrichtung einer Pizzeria, die als Treffpunkt vieler Ausländer galt. Sie hätten Nazilieder und »Ausländer ausräuchern« gegrölt, sagte Polizeisprecher Geert Piorkowski. Vier Verdächtige wurden noch in der Nacht gefaßt.

Bei dem ersten Überfall Anfang der Woche waren zwei Bauarbeiter aus Italien kurz hintereinander angegriffen worden, nachdem sie das jetzt überfallene Lokal verlassen hatten. Ein 55jähriges Opfer lag am Freitag mit einem Schädelbruch nach zwei Operationen weiterhin bewußtlos in einem Krankenhaus, sagte

der italienische Generalkonsul in Berlin, Paola Faiola. Das zweite Opfer, ein 5Ojähriger, erlitt einen Nasenbeinbruch.

Die Polizei fahndet nach einem 22jährigen wegen des Verdachts des versuchten Mordes. Er soll aus Ausländerhaß zumindest den 55jährigen mit einem Baseballschläger niedergeknüppelt haben. Von den vier nach dem Überfall auf die Pizzeria gefaßten Männern im Alter von 22 bis 26 Jahren waren zwei der Polizei wegen rechtsradikaler Taten bekannt.

In Trebbin im Landkreis Teltow-Fläming sind nach Auskunft des Konsulats mehr als 20 italienische Bauarbeiter am Bau einer Wohnanlage beschäftigt. Die Polizei habe einen verstärkten Schutz zugesagt. Faiola forderte vom deutschen

Staat eine Entschädigung für die Opfer des Überfalls.

Nach bisherigen Erkenntnissen kamen die Täter, die für die Verwüstung der Pizzeria verantwortlich sein sollen, aus dem benachbarten Luckenwalde. Die Kreisstadt ist dem Verfassungsschutz schon länger als eine Hochburg rechtsextremistischer Umtriebe bekannt. Wenn im Kreis Teltow-Fläming nach Mahlow jetzt Trebbin betroffen sei, ist das aus Sicht der Verfassungsschützer kein Zufall. Im Berliner Umfeld gebe es zur Zeit zahlreiche Baustellen, auf denen ausländische Arbeiter beschäftigt sind. Laut Verfassungsschutz bauten die Täter eventuell auf stillschweigende Zustimmung der Öffentlichkeit, daß die Ausländer den Deutschen die Arbeit wegnähmen.

Auch in Potsdam kam es zu einem rechten Überfall: Vier 17- bis 21jährige haben am Mittwoch abend einen Asylbewerber aus Kenia geschlagen. Sie hatten ebenfalls rechte Parolen gerufen und auch zwei Potsdamer angegriffen, die dem Kenianer zur Hilfe kamen. Der Asylbewerber mußte ambulant behandelt werden. Ein Ermittlungsrichter hat am Donnerstag Haftbefehl erlassen. Zwei der Tatverdächtigen wurden unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt, die beiden anderen sind in U-Haft.