Wie ein Schlachtschiff erhebt sich das Estrel Residence & Congress Hotel am Ufer des Neuköllner Schiffahrtskanals. Das 1994 eröffnete Haus in der Sonnenallee 225 bietet mehr als seine 1125 Zimmer. Das hat mit der Person seines Eigners zu tun. Ekkehard Streletzki ist ein umtriebiger Geschäftsmann. Er weiß, daß «in Hotel, und zumal ein so großes, ein Image braucht, das den Gedanken an Anonymität gar nicht erst aufkommen läßt. Und dafür gibt es schließlich die Kunst. 1800 Werke (!) von 40 zeitgenössischen russischen Künstlern machen die Individualität des Hauses aus.
„„,Streletzki, der,,eigentlich Antiquitäten sammelte, wurde in Rußland mit der dortigen Kunstszene konfrontiert. Aus der schwierigen Lage, in der sich zahlreiche russische Künstler befinden, zog der Geschäftsmann eine bemerkenswerte Schlußfolgerung: Seit Februar 1994 ist er Mäzen, schreibt dreimonatige Arbeitsstipendien an russische Künstler aus, freie Materialwahl und Exkursionen zu Ausstellungen inklusive. Die Künstler leben in einem Domizil in Stahnsdorf.
In diesem Jahr arbeitete die auch hierzulande bereits bekannte Moskauer Künstlergruppe AES (Tatjana Arzamasowa, Lew Evzowitsch und Ewgeni Swiatski) in Berlin und realisierte zusätzlich ein Auftragswerk. AES sind Künstler der Postmoderne. Sie lieben den Kitsch. Am
Kanal neben dem Hotel realisierten sie ein so monumentales wie skurriles Neonobjekt: Leda mit dem Schwan. Das scheint passend für den Ort, wo das Estrel seinen Biergarten und den hauseigenen Bootsanleger hat. Der einzige Wermutstropfen für die Künstler- Die glückliche Befruchtung der Leda (immerhin' entsprang diesem Schäferstündchen die schöne Helena) durch einen Laserstrahl darzustellen, scheiterte aus »aufsichtsbehördlichen Gründen«.
Daß die Skulptur im trüben Herbst ausgestellt worden ist, hängt mit der Eröffnung des Hamburger Bahnhofs und der Einführung der neuen Kunstmesse zusammen, an die man sich ankoppeln wollte. Das war clever Erfreulicherweise ist Streletzkis Engagement nicht nur vom guten Willen getragen, sondern auch vom Bemühen um Qualität gelenkt. Die vom Haus für die Gäste organisierten Kunsttouren führen zu den Avantgardegalerien der Stadt, wo einige der Stipendiaten auch vertreten sind.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/640557.leda-mit-dem-schwan.html