nd-aktuell.de / 07.04.1997 / Politik / Seite 2

Angestachelt

Lutz von Pufendorf

Der 55jähnge ist zum

zweiten Mal in Berlin zum Kulturstaatssekretär berufen worden

Foto: Lurch

Sich auf diese konzeptionslose Kulturpolitik einzulassen, wäre rufschädigend, soll.er gesagt haben. Außerdem hätte .er sich beruflich umorientiert bei einer Berliner Anwaltssozietät. Trotzdem läßt sich der 55jährige nun aus dem sogenannten

Ruhestand zurückholen. Prekäre Situationen scheinen ihn zu reizen. Lutz von Pufendorf (CDU) wird ab 1. Juni Kulturstaatsekretär im Berliner Senat.

Diesen Posten wollte man sich sparen. Das kulturpolitische Possenspiel bewies jedoch, daß man ohne die Rollenbesetzung nicht auskommt. Von Pufendorf steigt also aus dem Publikum wieder auf die Bühne. Ab Juni 1984 bis April 1989 war er Senatsdirektor und schon einmal Kulturstaatssekretär bei dem damaligen Senator Hassemer. Ernsthaft wandte er sich danach nie von der Kultur ab. Ehrgeiz kitzelt.

Der geborene Berliner, nach dessen Vorfahren Samuel Freiherr von Pufendorf seit 1895 eine Straße in Berlin-Friedrichshain benannt ist - und bisher auch nicht umbenannt wurde - engagierte sich neben seiner juristischen Karriere immer kulturell. Er studierte Jura in Berlin, Bonn und Köln, Politologie und Soziologie in Freiburg, bekleidete verschiedenste juristische kommunale Aufgaben, brachte es zum Bürgermeister von Fulda. Mit 27 Jahren heiratete er Wiebke Schroeter in Düsseldorf. Die drei Kinder sind heute

erwachsen. Bevor-von Pufendorf 1984 nach Berlin kam, führte ihn seine Politikerkarriere auch als Kulturreferent im Deutschen Städtetag nach Köln, zur Adenauer-Stiftung und an den Hessischen Städtetag. Schon seit 1974 kümmert er sich um die Förderung von Musikernachwuchs, und er doziert bis heute an Berliner Kunsthochschulen. Vom 1. April bis 3. Oktober 1990 beriet er gar den Kulturminister der DDR.

Die CDU macht sich mit ihrer vorauseilenden Hauptstadtputzerei keinen guten Namen bei der Berliner Kultur. Ist von Pufendorf erst eingespannt, wird es ihn Mühe kosten, neben dem Rotstift in der Hand auch seinen Ruf hochzuhalten. Auf den soll er ja größten Wert legen. Die Kulturszene wartet ab, hofft auf Kompetenz. Wie immer bei solchen Neubesetzungen. Wird sich von Pufendorf zu ihrem Anwalt machen? Man spricht ihm aufbauende Kritik zu. Darauf kommt es an. Allein wortreich im Berliner Senat Stil zu zeigen, dazu gehört nicht viel. Wenn die Sonne tief steht, werfen dort selbst Zwerge riesige Schatten.

. Almut Schröter