Berühmt wurde er durch die Inszenierung von Gewalt in »Reservoir Dogs« und »Pulp Fiction«. Gegen dieses Markenzeichen bemüht sich Quentin Tarantino in seinem dritten Spielfilm auffällig, Blutvergießen gar nicht oder nur von weitem zu zeigen. Außerdem beruht »Jackie Brown« erstmals nicht auf einer Originalidee, sondern auf einem Roman von Elmore Leonard. Aus Jackie Burke, der weißen Heldin von »Rum Punch«, wurde Jackie Brown, und weil Tarantino nicht nur Leonard, sondern auch die Schauspielerin Pam Grier verehrte, ist seine Jackie farbig. Den Ort der Handlung verlegte er von Florida ins heimische Kalifornien, aber sonst blieb Tarantino der Vorlage überraschend treu. Außer Grier, die neben ihrer Arbeit am Theater vor allem durch Blaxploitation-Filme der 70er Jahre wie »Foxy Brown« und »Coffy - die Raubkatze« als Actionheldin bekannt war, aber länger keine Hauptrollen
gespielt hatte, holte Tarantino einen weiteren Veteranen aus der Versenkung. Robert Forster spielt Max Cherry, einen Kautionsvermittler, der Stewardess Jakkie Brown aus dem Gefängnis auslöst. Dort war sie gelandet, weil sie für einen aufschneiderischen Waffenhändler
(Samuel L. Jackson) Schwarzgeld und Kokain aus Mexico schmuggelt.
Mit Max' Hilfe versucht Jackie, sowohl die Fahndungsbehörden als auch ihren Auftraggeber auszutricksen und mit seinem Geld ein neues Leben zu beginnen. Daß auch dessen haschende Freundin (Bridget Fonda) und ein gefängnisgeschädigter Komplize (Robert De Niro) eigene Pläne haben, macht die Sache nicht übersichtlicher Wer wann wen aufs Kreuz zu legen versucht und mit welchen Mitteln, wird so oft erklärt, daß man auf eine unvorhergesehene Wendung hofft, die aber nie kommt. Aus jeder möglichen Figuren-Perspektive schildert Tarantino den Ablauf der fingierten Geldübergabe, und natürlich gibt es Überraschungen am Rande. Was aber vor allem im Gedächtnis bleibt, ist weniger die Handlung, es sind die einzelnen Figuren und ihre Darsteller Selbst Tarantino mit seinem Gespür für Casting war selten so gut wie hier Selten auch hat ein Nebendarsteller seine Oscar-Nominierung so eindeutig verdient wie Robert Forster, selten eine Hauptdarstellerin ihre Schönheit heruntergespielt mit solch überwältigendem Resultat. Der erste feministische Tarantino!
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/707625.ueberragend.html