Seit 1964 am Berliner Ensemble, war sie als Darstellerin eine Protagonistin des Unauffälligen. Aber mit knurrigem Charme, flinker Listigkeit oder plebejischer Mütterlichkeit erhob sie die Momente ihrer Bühnenpräsenz in den Rang von Ereignissen.
Die halbjüdische Bankierstochter spielte unter Max Ophüls, ging mit Piscator (»Paragraph 218«) auf Tournee, wurde von Hitlers Rassengesetzen gestoppt. »Wir hatten zu spät erkannt, was zu tun sei, und gingen, da Emigration nicht mehr möglich war, aufs Land. Ein hilfsbereiter Bürgermeister >verlegte< meine Papiere.« So die unfreiwillige Bäuerin und Traktoristin 1988 in einem ND-Interview mit Ursula Meves.
Nach dem Krieg war die Thalmer Frau Carrar und Pelageja Wlassowa an den Landesbühnen Sachsen. Sie war eine Dienerin der Bühne. Ein leiser, öffentlich unbemerkter Tod gehörte zur Daseinsrolle. Eines bleibt: Wenn man mit Darstellern spricht, die in der DDR künstlerisch gewachsen sind - sehr oft fällt der Name Doris Thalmer. Diese kleine, federnd-agile Frau hat Generationen junger Schau-
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Spieler Liebe und Ethos des Bühnenberufes gelehrt, privat und an der Schule in Berlin. Sie hatte das Herz einer Lehrerin: Sie besaß die selten gewordene Fähigkeit, sich glücklich zu fühlen im Erfolg ihrer Schüler Leuchten im Schatten anderer - das kann eine große Lebensleistung sein.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/733997.die-lehrerin.html