Hamburg (dpa/ND). Die Hamburger Stella AG ist eines der wenigen Pionierunternehmen in Deutschland. Aus dem Nichts bauten zunächst Friedrich Kurz und später der Stuttgarter Rolf Deyhle ein mächtiges Musicalimperium auf; aus der bis heute erfolgreichen Keimzelle »Cats« auf der Hamburger Reeperbahn wurden sieben Musicals in fünf Städten. 5000 Mitarbeiter arbeiten direkt bei Stella; indirekt dürfte ein Mehrfaches an Arbeitsplätzen von dem Unternehmen ab-
hängen und in den Glanzjahren bis Mitte der 90er Jahre fielen fette Gewinne ab.
Die Städte mit Stella-Musicals profitierten kräftig durch den florierenden Musical-Tourismus. Wie konnte der stolze Marktführer, der lange Jahre allein den Markt beherrschte, zum Sanierungsfall werden? So fragen nicht nur verzweifelte Stadtväter im Ruhrgebiet, denen mit dem Sanierungsplan von Stella eine von wenigen Attraktionen abhanden kommt. Auch die Banken, die seit Mitte
vergangenen Jahres bei Stella das Sagen haben, sind überrascht. Aus der vermeintlichen Perle, die reif für die Börse schien, ist ein Klotz am Bein geworden.
»Stella war zu lange Monopolist, um sich flexibel an veränderte Marktbedingungen anzupassen«, sagt ein Insider aus dem Aufsichtsrat des Unternehmens. Wo ein Markt ist und Gewinne locken, da entsteht Konkurrenz. Zwar mußten die meisten Wettbewerber zunächst recht schnell die Segel streichen. Dutzende von Konkurrenzproduktionen zu Stella scheiterten oder kümmerten mehr schlecht als recht vor sich hin. Der Vorsprung des Pioniers in Know-how und Marktstellung schien unangreifbar
Doch die Konkurrenten lernten, und in den vergangenen fünf Jahren änderte
sich der Markt. Der Stella-Marktanteil fiel von einstmals 100 auf gut 50 Prozent, gemessen an den Sitzplätzen.
Und nun rächt sich, daß bei Stella nicht genügend auf den Markt geachtet und nicht streng genug die Kosten kontrolliert wurden. Die Produktion »Joseph« in Essen hat überhaupt nie Geld verdient; »Les Miserables« in Duisburg nur kurz. Stella war lange durch phantastische Auslastungszahlen jenseit der 90 Prozent verwöhnt. Als im vergangenen Jahr die Auslastungen einbrachen und die Theater weniger Geld in die Kasse spülten, tat sich schnell ein riesiges Loch auf.
Wegen hoher Verluste wird der deutsche Musical-Marktführer Stella 1000 Arbeitsplätze abbauen und zwei Theater in Duisburg und Essen schließen.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/753899.vom-monopolisten-zum-sanierungsfall.html