nd-aktuell.de / 06.03.1999 / Politik / Seite 11

Orpheus in der Tanzwelt

Lucie Walter

Es erstaunt immer wieder, welch überraschend neue räumliche Wirkungen sich dem alten Kreuzberger Ballhaus Naunynstraße abgewinnen lassen. Diesmal spielt der sonst wohl nie oder kaum genutzte Balkon als Bar namens »Hades« mit, nachdem hier für »Fragment Orfeo« vom

Tanztheator Olga-Elena Ost vSängerin Sandrina Ost (Mezzo) sympathisch schlicht die »Orpheus-Arie- »Ach, ich- habe sie verloren« (im italienischen Original) aus der Gluck-Oper gesungen hat.

Später kommt Musik von Sebastian Sommer zum Zuge. Zum Teil als Percussion mit Keyboardklängen, leicht skurril dann in den Gesängen der Persephone (Beate Kortenkamp), die als Totenwie Fruchtbarkeitsgöttin so etwas wie das gehobene Gegenstück zu Eurydike darstellt. Zu einem Nebeneinander kommt es aber nicht, weil Eurydike nicht aus der Unterwelt errettet wird. Denn ihr Orpheus (Edsel Scott) fühlt sich mehr zur Tänzerin als zur Frau Eury-

dike hingezogen (Sibylle Günther; mit Scott zugleich für die Choreographie verantwortlich). Dieser Orpheus liebt vor allem den Tanz und sich als Tänzer So kommt es nicht zu der Geliebten Wiederkehr Dafür kann sich »Orpheus Hades« (Schauspieler Riccardo Pedroza de Lima) als Macho Eurydike nähern. All das geschieht auf eine durch Filmoinblendungen auf zwei gro-ßen Leinwänden (Ausstattung Alexander Jung/Dirk Otterstedde) ergänzte imposante Lesart, die viel Premierenbeifall fand.