Wir gratulieren unserem Autor Ottokar Domma sen. zum 75. Geburtstag
und freuen uns, aus diesem Anlaß seine »Erinnerungen eines Großvaters« präsentieren zu können.
Wenn man eine Zeit begreifen will, wär's vielleicht ganz gut zu erfahren, worüber man gelacht hat und mit wem. Insofern sind erfolgreiche Reprisen von Witzen aus DDR-Zeiten nicht in erster Linie Ausdruck von Nostalgie. In den 60er Jahren wurde der damals noch »brave« Schüler Ottokar zu einer, man kann schon sagen, Institution: Familie und vor allem Schule als Keimzelle der Gesellschaft, der »genetische« Grundstock jener Menschen, die man heute als Ossis bezeichnet. Ottokar wurde zum »Früchtchen«, zum »Weltverbesserer«, zum »Philosophen«, nach dem Verschwinden der DDR zur »Spottdrossel«, kurzzeitig war er Gymnasiast, was ihm
quäler, weil er Ordnung und Unterordnung als Erziehungsprinzipien hochhielt.
Über die Kindheits-Jahre hat Otto Häuser zu seinem 75. Geburtstag eben gerade ein Büchlein fertig, das er »Erinnerungen eines Großvaters« nennt. (Die Buchpremiere mußte leider wegen Erkrankung des Autors ausfallen.) Rückblicke in die Kindheit scheinen wieder Furore zu machen. Der nach Karl Schraders frühem Tod für die Ottokar-Geschichten eingesprungene Illustrator Manfred Bofinger hat jüngst ein ähnliches Erinnerungsbuch erfolgreich auf den Markt gebracht.
Großvater Otto Häuser verrät in seinen Erinnerungen durchaus Nähe wie Entfernung zu Ottokar. Er hat eine lakonische Erzählweise drauf, meist knappe Aussagesätze, eine weitgehend erinnerte Naivität, die sich von der bei Ottokar typischen, durchaus hintergründigen Naivität absetzt - als Element des Authentischen. Der Großvater als Kind, auskunftsfreudig, soweit es Erlebnisse und Gefühle eines Kindes nur sein können, Zeitzeuge über Lebensumstände, Alltag und historische Umbrüche, solange und soweit sie kindlichem Verständnis bewußt werden können. Wer bei diesem I3uch Satire erwartet, muß gewarnt werden. Das sind Kindheitsbilder pur. Allein der unverstellte Blick auf Realitäten knüpft dem Großvater den literarischen ßezug zu seinem eigenen geistigen Sohn. Diesen als Vater zu erleben, war' schon tun Gag besonderer Güte (Otto, ist das nicht eine Herausforderung?).
Die »Erinnerungen eines Großvaters« werden ihr Publikum finden, die »Ottokar-Geschichten« hatten es längst und haben es neu gewonnen. Ottokar trägt Erbgut der »Lausbubengeschichten« von Ludwig Thoma in sich und jenes des Schalks »Eulenspiegel«. Und Ottokar hatte es mit dem »realen Sozialismus« und seiner Schule zu tun. Wenn er von beidem erzählte,, hatten Leser Stoff zum Lachen. Und wenn sie lachten, hatten sie Stoff zu erkennen, zu fragen, zu verändern. Wer Ossis begreifen will, sollte vielleicht erfahren wollen, worüber und mit wem sie lachten. Jeder weiß, das kräftigste Lachen kommt aus der Schadenfreude. Wer beim »Kindermund« von Ottokar Domma lacht, lacht mit ihm. - Solcherart Lachen kann kostbar sein in diesen Zeiten.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/764297.ein-gewisses-lachen.html