nd-aktuell.de / 29.06.1999 / Politik / Seite 11

Nicht nur als Köster bleibt er in Erinnerung

Peter Hoff

Auf die Rolle des Kriminalkommissars war er abonniert. Nicht erst, seit er den »Alten«, den Münchener Kommissar Köster, spielte. Vorher schon jagte er im Staatsdienst Ganoven, beispielsweise als Scotland-Yard-Inspektor die britischen Posträuber im Dreiteiler »Die Gentlemen bitten zur Kasse« (1966) oder als Schweizerischer Kriminaler in der Verfilmung von Friedrich Dürrenmatts schwarzer Komödie »Die Physiker« (1964). Der gebürtige Berliner Siegfried Lowitz, Jahrgang 1914, war jedoch kein sturer Ermittlungsbeamter, er brachte eine gute Portion Menschlichkeit in seine Rollen ein. Seine Kommissare und Kriminalinspektoren hatten durchaus auch Mitgefühl mit den Gaunern, die sie hinter Gitter brachten, hatten Verständnis für menschliche Schwäche und kriminelle Anfälligkeit.

Die Autoren der Reihe hatten dem »Alten«, den Lowitz acht Jahre lang, von 1977 bis 1985, in 101 Episoden spielte, deshalb eine Rollenbiographie geschrieben, die dem Schauspieler Lowitz und seiner ganz persönlichen Art und Weise, solch eine Rolle zu spielen, entgegenkam: Köster war in der Nachkriegszeit selbst in ein kriminelles Umfeld geraten. Er weiß, wie leicht ein Mensch in Not vom »rechten Wege« abkommen kann. Deshalb begegnet er seiner kriminellen Klientel mit gewisser Nachsicht. Er löste seine Fälle, indem er sich in die Situation der Täter hineinversetzte. »Der Alte« erreichte nicht die Verbreitung

wie die einige Jahre zuvor gestartete Krimiserie »Derrick«; doch der von Lowitz gespielte Kommissar war mir allemal wesentlich sympathischer als der glatte deutsche Vorzeigekommissar.

Hinter dem Erfolg des »Alten« sind leider andere Rollen in Vergessenheit geraten, die der gelernte Theatermime Lowitz (er studierte an der Schauspielschule Frankfurt/Main) seit 1956 im Fernsehen auch noch gespielt hat, den »Biedermann« von Max Frisch beispielsweise und den alten nörglerischen Captain in Shaws »Haus Herzenstod«, vor allem aber den »Trinker« in der ersten Verfilmung von Falladas Roman 1967 durch Oliver Storz und Dietrich Haugk.

Siegfried Lowitz ließ immer wieder die Verletzlichkeit der Personen durchscheinen, die hinter der rauhen Schale und der Schnoddrigkeit verborgen ist. Seine Tragik war stets verhalten, brach nur in seltenen Momenten an die Oberfläche. Er schien sie in sich hinein zu fressen, so wie seine Enttäuschung als kleiner Unternehmer aus der DDR, der seinen früheren Teilhaber in der Bundesrepublik besucht und von dem das gemeinsame Patent zur Nutzung überlassen bekommen will: »Besuch aus der Zone« hieß der Fernsehfilm von Rainer Wolffhardt, der in der Hochzeit des Kalten Krieges, 1958, gedreht und gesendet wurde und dessen Hauptgestalt bei Lowitz zur tragischen Figur wurde.

Der Film und vor allem die Hauptgestalt fielen aus dem Klischee dieser Jahre, machten die Tragik dieser Zeit deutlich, die Not des kleinen Fabrikanten aus der DDR vor dem Hintergrund des Wirtschaftswunders in der Bundesrepublik.