nd-aktuell.de / 30.08.2005 / Kultur
Hessen »rockt and rollt«
Zwei Mal im Jahr ist Bad Nauheim im Elvis-Fieber
Wolfgang Weiß
Zwei Mal im Jahr, im Januar und im August, verwandelt sich Bad Nauheim in ein Mekka für eine Fan-Gemeinde ganz besonderer Art. Zu Hunderten zieht es da die Bewunderer des »King of Rock'n Roll« Elvis Presley in das ehemalige Staatsbad in der Wetterau rund 50 Kilometer nordöstlich von Frankfurt (Main). Der sonst eher ruhige und bürgerliche Kurort mit seinen heilenden Quellen zeigt sich dann von einer ungewohnt schrillen Seite.
Am 8.Januar dieses Jahres wäre der legendäre US-Star 70 Jahre alt geworden, Anlass für eine viertägige »Celebration«-Feier. Höhepunkt für jeden echten Presley-Fan aber ist das alljährlich rund um seinen Todestag (16.8.77) in Bad Nauheim stattfindende »European Elvis Festival«. Das Heilbad am Rande des Taunus und den Rocksänger aus den Südstaaten der USA verbinden eine rund anderthalbjährige Episode. Elvis Presley leistete nämlich von Oktober 1958 bis März 1960 seinen Militärdienst in den Ray Barracks im benachbarten Friedberg ab. Der schon damals berühmte und umjubelte Sänger war ein privilegierter GI. Er reiste in Deutschland mit Vater, Großmutter und zwei Leibwächtern an und brauchte auch nicht in der Kaserne zu wohnen. Elvis schlug damals sein »European home« in Bad Nauheim auf. Das war der Beginn einer bis in die Gegenwart reichenden Beziehung.
Hans-Ulrich Halwe (61), Mitbegründer des örtlichen Elvis-Presley-Vereins, führt Besucher und Fans auf den Spuren ihres Idols. Eine der ersten Stationen ist immer das Hotel Grunewald, wo Elvis und sein Anhang ein paar Monate logierten, bevor man sie auf Grund von Beschwerden anderer Hotelgäste hinauskomplimentierte. Vor dem Hotel, am heutigen Elvis-Presley-Platz, befindet sich in einer kleinen Grünanlage eine Stele des Sängers, die von seinen Bewunderern mit Blumen und Kerzen geschmückt wird. Das Haus Goethestraße14, wo Presley und Co sich später einmieteten, war damals Anziehungspunkt für Teenager aus nah und fern, die wenigstens einen Blick auf ihr Idol erhaschen wollten. Unter dem Titel »It's now or never« entstand hier auch die zum Welthit gewordene Elvis-Fassung von »O sole mio«, weiß Hans-Ulrich Halwe.
Glanzpunkte des diesjährigen Elvis-Festivals waren zwei Konzerte im Theater des Hotels Dolce Bad Nauheim. Unter dem Slogan »Elvis the show - the Bad Nauheim Reunion« hatten die Veranstalter auch drei, unterdessen hochbetagte Musiker aus der ehemaligen Band des Sängers eingeladen, die von »The Sweet Inspiration«, den schwarzen Background-Sängerinnen aus den letzten Berufsjahren des Rocksängers, begleitet wurden. Ein musikalisches Glanzlicht setzte »Rio - the voice of Elvis«, einer der besten, auch in den USA anerkannten Elvis-Interpreten. Insgesamt soll es rund 50000 in aller Welt geben. Einem guten Dutzend davon konnte man auch in Bad Nauheim begegnen, wie zum Beispiel Peter Franks, einem Elvis aus Erfurt.
Elvis dominierte in den Straßen des Heilbades. Restaurants warben mit »Elvis-Teller«, bejahrte Kopien des Rock'n Roll-Sängers in Cowboy-Stiefeln belebten die parallel zum Festival stattfindende Cadillac,- Corvette- und Harley-Parade. Im Meeting-Point in der Trinkkur-Anlage konnten sich die Fans mit Presley-Utensilien aller Art versorgen: Handtaschen, Krawatten, Hosenträger, T-Shirts, Kalender, alte Schallplatten, Schirme
Natalie Pech, eine junge Künstlerin aus Düsseldorf, stellte in einer kleinen Ausstellung Presley-Porträts vor. Das Elvis-Festival, zu dem Fans aus allen Teilen Deutschlands und den Nachbarländern kommen, ist ein wichtiges Ereignis: Die Hotels sind ausgebucht, die Restaurants gut besucht und auch der Einzelhandel ist zufrieden.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/77177.hessen-rockt-and-rollt.html