nd-aktuell.de / 26.07.1999 / Politik / Seite 11

Große Dame des Bolero

Gabriela Greeß

Sie ist die einzige Frau in dem bereits zu Lebzeiten legendären »Buena Vista Social Club« mit den alten Herren traditioneller Son-Musik, die nach dem begehrten Grammy jetzt auch noch die Leinwände erobern in Wim Wenders' gleichnamigem Film. Omara Portuondo, die große Stimme sanfter kubanischer Son-Rhythmen, steht zwar etwas im Schatten der »Super-Opas«, wie diese in Kuba liebevoll genannt werden. Aber das betrübt sie wenig. »Die Dreharbeiten mit ihnen waren ein rauschendes Fest. Wir machten einfach Musik, erzählten Geschichten aus unserem Leben und verstanden uns dabei prächtig. Denn Wim Wenders war mit seiner Kamera sehr spontan, er fing uns ein, wie wir tatsächlich sind. Und mit den lieben alten muchachos fühlte ich mich wie in einer großen Familie«. Kein Wunder, denn Omara Portuondo kennt die heutigen Shooting-Stars wie den 80jährigen Pianisten Rüben Gonzalez und den acht Jahre jüngeren Sonero-Sänger Ibrahim Ferrer noch von gemeinsamen früheren Auftritten in Kuba. »Irgendwie gehören wir alle zur gleichen Generation«, beteuert Omara.

Seit den 50er Jahren bezaubert sie das kubanische Publikum mit gefühlsgeladenen Boleros. Und wenn sie an ihre gemeinsamen Auftritte mit Nat King Cole und Edith Piaf Mitte der 50er Jahre denkt, bekommt sie glänzende Augen. Eigentlich ist sie selbst bereits zu Lebzeiten eine Legende, aber dennoch ist Omara Portuondo

Foto: Gabriela Greeß

eine Sängerin des Volkes geblieben. »In Havanna trete ich besonders gerne bei musikalischen Nachmittagen für Senioren auf; jeder kann einfach dazukommen, zuerst singe ich, und dann singen wir gemeinsam und tanzen. Das ist für mich eine schöne soziale Aufgabe.« Ihre 20-Minuten-Auftritte im berühmten Cabarett Tropicana erwähnt sie dagegen nur in einem Nebensatz. Ihr Gesang, der romantische Bolero wie die einschmeichelnden Son-

Rhythmen vom Osten der Insel, leben aus tiefen Gefühlen heraus. »Mein Leben gehört der Musik«, gesteht die kubanische Sängerin. Großgeworden in einem hochmusikalischen Milieu, nahm sie früh Gesangs- und Schauspielunterricht. 1952 stieß sie schließlich zu dem Frauenquartett Aida Diestro. Omara schaut heute noch gerne auf die 15 glanzvollen Jahre mit der Frauengruppe zurück, die überall in Kuba frenetisch gefeiert wurde. »Danach startete ich meine Solokarriere, ich tourte rund um die Welt.« Mittlerweile leitet die große alte Dame des Bolero ihr eigenes Orchester.

Ihr Vorbild ist Maria Teresa Vera (1895-1965), bis heute die meistverehrte Trobador- Sängerin und Son-Stimme der Insel. »Von Tete - so deren kubanischer Kosename - habe ich mein liebstes Lied >Veinte Anos< im Repertoire:« Es ist eines der Glanzstücke auf dem »Buena Vista Social«-Album; und das, obwohl es in der Rekordzeit von gerade zwei Stunden aufgenommen wurde.

Zu Ry Cooders berühmter Aufnahme in Havanna stieß Omara eher zufällig. »Ich war gerade in den EGREM-Studios von Havanna und wußte noch gar nichts von all diesen alten Jungs, die dort ebenfalls aufnahmen. Plötzlich wurde ich einfach vorgestellt, ich kannte Compay Segundo gut von früher, und schon war ich dabei. Als ich Monate später angerufen wurde und man mir sagte, daß unsere Aufnahmen in Nordamerika den Grammy bekommen hatten, konnte ich das erst gar nicht glauben.« Omara wurde zwar dann auf Tourneen eingeladen, aber sie lebt weiter bescheiden in Havanna. Bei Auftritten im Ausland begleitet sie jetzt ihr Sohn als Manager. »Ich war in letzter Zeit allerdings so beschäftigt, daß ich nicht einmal meinen neugeborenen Enkel sah«, lacht die dynamische Omara. Als »Super-Oma« sieht sie sich nicht.