nd-aktuell.de / 28.07.1999 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 16

Untereinander keine Schweigepflicht

Gerd Sieber

von unterrichten. In § 79 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) heißt es zur Geheimhaltungspflicht: »Die Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats.«

Handelt es sich tatsächlich um eine Angelegenheit, die der Schweigepflicht unterliegt, was in der Sitzung zu prüfen wäre, gilt diese nur gegenüber der Belegschaft und der Öffentlichkeit, nicht aber gegenüber den Mitgliedern der betriebsverfassungsrechtlichen Organe. Neben den anderen Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Betriebsrats dürfen untereinander und gegenseitig über solche Angelegenheiten informiert werden: die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamt- und Kon-

zernbetriebsrats, der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungs- und Beschwerdestelle und die Arbeitnehmervertreter im Aufsichts,rat.

§ 79 Abs. 2 nennt aber noch weitere Organe, die der Geheimhaltungspflicht unterliegen, so z. B. die Mitglieder und Ersatzmitglieder der Jugendund Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung und des Wirtschaftsausschusses. Auch sie dürfen sich untereinander über geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten informieren, ebenso den Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat usw., haben aber nicht das Recht, vom Betriebsrat und den anderen in Abs. 1 genannten Organen informiert zu werden.

Eine Geheimhaltungspflicht des Betriebsrats gegenüber Vertretern der Gewerkschaft besteht nicht. Ein Betriebsrat, der vom Arbeitgeber eine als geheimhaltungsbedürftig bezeichnete Angelegenheit von erheblicher Tragweite für die Beschäftigten erfährt, kann (sollte) diese ohne weiteres Vertretern der zuständigen Gewerkschaft mitteilen und mit ihnen darüber beraten. Gewerkschaftsvertreter unterliegen selbst gemäß § 79 Abs. 2 BetrVG der Geheimhaltungspflicht, so daß ihnen durch den Betriebsrat unbedenklich offenbart werden darf, was er erfahren hat.

Eine andere, aber falsch verstandene Schweigepflicht schleicht sich manchmal in die Be-

triebsratsarbeit ein. Das ist der Fall, wenn Betriebsratsmitglieder meinen, über Vorgänge im Betriebsrat, unterschiedliche Meinungen, den Stand von schwebenden Verhandlungen mit dem Arbeitgeber usw. sollte man lieber nichts nach au-ßen dringen lassen. Dann wird der Betriebsrat quasi zum »Geheimrat«, was tödlich wäre für das Vertrauensverhältnis zwischen Wählern und Gewählten.

Es gibt keine Verbote oder rechtlichen Konsequenzen, die eine offene Betriebsratsarbeit behindern könnten. Berichte an die Belegschaft nach jeder Sitzung und Verhandlung mit dem Arbeitgeber gehören zur normalen Betriebsratstätigkeit. Der Arbeitgeber ist verpflichtet je nach Betriebsgröße -, Aushänge am Schwarzen Brett oder Betnebsrats-Infos in der erforderlichen Anzahl zu finanzieren.

GERD SIEBERT