Ein weiterer legte uns ein (bereits rechtskräftig gewordenes) Versäumnisurteil über eine Zahlungsverpflichtung von 10 000 Mark vor; als ihn das Gericht (im schriftlichen Vorverfahren) aufgefordert hatte, zu erklären, ob er sich gegen die Klage verteidigen wolle, habe er geschrieben, er wolle sich derzeit noch keinen Rechtsanwalt nehmen.
Das Gericht erkannte darin keine (gehörige) Verteidigungsanzeige, und der Bürger wusste nicht, dass die von ihm so verfasste Erklärung vom Gericht nicht als Verteidigungsanzeige angesehen wird und er demzufolge
ohne mündHche Verhandlung und ohne Erörterung der Sach- und Rechtslage, im schriftlichen Verfahren, durch Versäumnisurteil zur Zahlung von 10 000 Mark verurteilt wird; da er irrig beim Gericht auf eine Rechtsauskunft und
Rechtsberatung hoffte, war die Einspruchsfrist verstrichen und das Versäumnisurteil rechtskräftig.
Mehr als einmal sagen uns Mandanten: Das, was im Strafurteil (eines Landgerichtes) steht, sei doch völlig falsch. Zeugen hätten etwas anderes ausgesagt usw.. Dies müsse im Rechtsmittelverfahren unbedingt korrigiert werden.
Sie verstehen nicht, dass gegen erstinstanzliche Urteile des Landgerichtes nur Revision eingelegt werden kann., und diese nur auf die Überprüfung von Rechtsfragen begrenzt ist. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichtes sind demgegenüber grundsätzlich unangreifbar, auch wenn diese sachlich falsch sind, das Urteil also materiell ein Unrechtsurteil ist.
Noch weniger verstehen die Bürger die große Uneinheitlichkeit der heutigen Rechtsprechung. (Sie erinnern sich daran, dass in der DDR demgegenüber ein recht hohes Maß an Einheitlichkeit der Rechtsprechung bestand, so wie es in der DDR-Verfassung im Art. 93 Abs. 2 vorgesehen war).
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/781711.erklaerung-vor-gericht-verteidigungsanzeige.html