Ich hatte 1978 als Sekretär der DDR-Abteilung einer internationalen christlichen Friedensbewegung, der Christlichen Friedenskonferenz (CFK), Horst Kleinschmidt, Mitarbeiter des apartheidkritischen »Christlichen Instituts« in Johannesburg, zu einer Vortragsreise in die DDR eingeladen. Als ich ihn bei der Ankunft in Berlin begrüßte, rief er aus: »Endlich einmal in der DDR!« Er habe sich lange danach gesehnt, das Land zu besuchen, das so viel Unterstützung dem ANC biete und sei froh und dankbar, dass sich dieser Wunsch nun erfülle. Diese Begrüßungsszene bleibt mir unvergessen. Sie zeigt: auch dies war die DDR. An die von ihr ausgegangene Hilfs- und Solidaritätsaktionen erinnern sich noch viele Menschen nicht nur in Südafrika. Der Hinweis auf diesen positiven Aspekt kann und soll die dunkleren Seiten der DDR-Vergangenheit nicht verdecken.
Aber in Südafrika hat man beispielsweise heute nicht vergessen, dass der andere (west)deutsche Staat lange Zeit die Apartheidpolitik unterstützte und dass die bis zuletzt praktizierte intensive ökonomische Zusammenarbeit die Lebensdauer des Regimes und damit Leiden und Sterben unter der unterdrückten Bevölkerung verlängerte. Nelson Mandela und der ANC galt ihm als Terroristen. Wenn es um die Aufarbeitung deutscher Vergangenheit geht, dann sollten auch diese Dinge auf den Tisch.
Aus dem Vorwort von Carl Ordnung zu der von Ilona Schleicher und Andreas Bohne herausgegebenen Broschüre »Solidarität gegen Apartheid - für ein freies Südafrika. Reflexionen über DDR-Solidarität mit dem ANC« (128 S., br., 5 € plus Versand; zu beziehen über SODI, Grevesmühlener Str. 16, 13059 Berlin, Tel: 030/928 60 47).
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/803659.solidaritaet.html