nd-aktuell.de / 17.01.2013 / Politik / Seite 4

Jobcenter nicht erreichbar?

nd: Warum stellen Sie Telefonlisten von Jobcentern ins Internet?
Thomé: Das Verwaltungsgericht Leipzig hat am 10. Januar entschieden, dass Jobcenter ihre Diensttelefonlisten im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes herausgeben müssen. Bislang verbunkern sich viele Jobcenter hinter Telefonhotlines und sind so unerreichbar für Betroffene, die ihre Angelegenheiten telefonisch abwickeln wollen. Ziel meiner Aktion ist es, die entsprechenden Nummern zu veröffentlichen, um so die Jobcenter zu zwingen, die Mitarbeiterlisten im Internet bekannt zu machen.

Verstecken sich alle Jobcenter hinter Callcentern?
Nein. Das bestimmt die Geschäftsführung der jeweiligen Jobcenter. Ich schätze, dass ungefähr zwei Fünftel bis die Hälfte der Jobcenter die Listen verbergen.

Ist es wirklich so dramatisch, wenn die Betroffenen niemand telefonisch erreichen können?
Ja. Zum Beispiel, wenn ein Einkommen falsch angerechnet wird. Hat jemand eine Arbeit aufgegeben, aber das Jobcenter rechnet das Erwerbseinkommen weiter an, wird es haarig. Derjenige hat dann vielleicht 500 Euro zu wenig auf dem Konto. Ein Sachverhalt, der durch ein Telefonat unproblematisch zu klären wäre. Man könnte absprechen, welche Bescheinigungen gebraucht werden und ob ein persönlicher Termin nötig ist. So eine schnelle Klärung wird durch die vorgeschalteten Callcenter unterbunden. Das führt dann oft zu Rechtsstreits, weil der Betroffene letztlich keine andere Möglichkeit hat, als zum Sozialgericht zu gehen.

Eine Offenlegung der Telefonlisten würde also auch die Sozialgerichte entlasten?
Ja, sogar massiv.

Gibt es denn gar keine Möglichkeit für einen normalen Hartz-IV-Bezieher, an die Nummer seines Fallmanagers zu kommen?
Es ist auf alle Fäll sehr schwierig. Wir haben jetzt über das Informationsfreiheitsgesetz einen gangbaren Weg aufgezeigt bekommen. Trotzdem werden sich viele Jobcenter auch weiterhin querstellen. Das wird also eine längere Auseinandersetzung geben, die sich über mehrere Monate oder auch Jahre hinziehen kann.

Was raten Sie denn einem Hartz-IV-Bezieher, wenn er vom Callcenter abgewimmelt wird?
Das kommt es auf den jeweiligen Fall an. Wichtig ist, sich per Brief, Fax oder E-Mail an die Behörde zu wenden und die Dinge so schriftlich abzuarbeiten. Das wäre der beste Weg, weil man dadurch einen Nachweis hat, dass man sich gekümmert hat.

Wie viele Listen haben Sie bislang veröffentlicht?
Aktuell sind es zwölf Listen, die kann man unter www.harald-thome.de/jobcenter-telefonlisten.html[1] einsehen.

Wer übersendet Ihnen die Listen? Jobcenter-Mitarbeiter?
Es waren auch Mitarbeiter aus den Jobcentern darunter. Aber zum überwiegenden Teil sind es Personen aus sozialen Einrichtungen, also Wohlfahrtsverbänden oder Beratungsstellen. Die bekommen die Listen, weil sie mit den Jobcentern kooperieren. Die Sache läuft langsam an. Es ist ja auch erst seit vier Tagen bekannt, dass ich die Nummern sammle und veröffentliche. Fragen: Simon Poelchau

Links:

  1. http://www.harald-thome.de/jobcenter-telefonlisten.html