»Entschuldigen Sie, es war ein wirklich intensives Gespräch.« Mit diesen Worten und über einer halben Stunde Verspätung traten am Mittwoch der DGB-Vorsitzende Michael Sommer und der SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück vor die Presse. Sommer nannte die Debatte, die die Spitzen der DGB-Mitgliedsgewerkschaften und der geschäftsführende Vorstand des Gewerkschaftsbundes auf ihrer jährlichen Klausur mit dem SPD-Mann führten, »eingehend« und »offen«.
Beim gesetzlichen Mindestlohn, der Gleichbezahlung von Frauen und Männern, Renten, Bildung sowie bei der Stärkung der Tarifbindung bestehe Einigkeit, sagte Steinbrück. Es würde ihn deshalb wundern, kämen die Gewerkschaften zu einem anderen Schluss als die SPD zu wählen. Weitgehende Annäherung ja, aber »wir sind nicht deckungsgleich«, sagte Sommer. Es gebe auch Überschneidungen mit anderen Volksparteien, »und das ist auch gut so«.
Die behandelten Themen vertreten die Gewerkschaften unter dem Titel »neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt« seit einiger Zeit. Sommer: »Die Kanzlerin will an der Macht bleiben, der Kanzlerkandidat will an die Macht, wir wollen einen Politikwechsel.« Er sei guter Dinge, dass das bis zum Ende des Jahres klappen könnte. Obwohl es besonders beim Thema »Agenda 2010« und auch bei der Schuldenbremse für Kommunen, die Steinbrück befürwortet, Sommer aber ablehnt, nach wie vor zwischen der SPD und den Gewerkschaften knirscht, demonstrierten die beiden Einigkeit.
Indirekt sagte Steinbrück den Spartengewerkschaften wie der Unabhängigen Flugbegleiterorganisation, der Gewerkschaft der Lokführer und der Ärztegewerkschaft Marburger Bund den Kampf an. Bestünde Bedarf, sei er auch offen für eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit. Das Prinzip der Einheitsgewerkschaft sei für die Stabilität in der Gesellschaft und die Sozialpartnerschaft von großer Bedeutung. »Für mich scheint es sehr wichtig zu sein, dass auch die Öffentlichkeit nicht den Eindruck hat, dass sehr berufsspezifische Organisationen das öffentliche Leben in Deutschland so beeinflussen können, dass es darüber zu Engpässen der unterschiedlichsten Art kommen kann.«
Die Angesprochenen dürften so kaum dazu beitragen, dem SPD-Kandidaten aus seinem Umfragetief zu helfen. Nach neuen Zahlen der Forsa würden nur 18 Prozent der Deutschen Steinbrück direkt zum Bundeskanzler wählen, meldete die dpa am Mittwoch. Die SPD liegt danach aktuell bei 23 Prozent, dem historischen Tiefstwert, den sie bei der Wahl 2009 erreichte.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/810123.nicht-deckungsgleich-aber-aehnlich.html