nd-aktuell.de / 10.04.2013 / Politik / Seite 4

Ist Mitfahrgelegenheit.de jetzt unflexibler als die Bahn?

Deutschlands größtes Fahrgemeinschaftsportal hat ein neues Buchungssystem, das mehrere Freiheiten einschränkt

Ralf Hutter
Die meisten Menschen, die Auto-Mitfahrgelegenheiten suchen, tun das bei www.mitfahrgelegenheit.de. Das war bisher frei zugänglich. Nun ist eine Registrierung nötig, und eventuell sogar eine Vorabzahlung. Schon gibt es neue Konkurrenz, die mehr Freiheit verspricht.

nd: Carpooling.com bezeichnet sich als Europas größtes Online-Portal für Fahrgemeinschaften. Auf Ihrer deutschen Seite mitfahrgelegenheit.de gibt es seit Ende März für Fahrten von über 100 Kilometern eine Registrierungspflicht, inklusive Handy-Nummer. Zudem können die Fahrenden nun verlangen, dass die Mitfahrenden im Voraus bezahlen. Haben Sie nicht Angst, dass diese Einschränkungen Ihnen Kundschaft vertreiben?
Rosenthal: Wir haben keine Angst. Das neue Buchungssystem bringt mehr Verbindlichkeit und Sicherheit in das Mitfahren. Wir gehen davon aus, dass unsere Nutzer uns weiterhin die Treue halten, denn mit diesem Buchungssystem bieten wir einen besseren Service.

Verbindlichkeit ist ja eine Einschränkung von Flexibilität. Selbst die billigste Bahnfahrkarte, die an einen bestimmten Zug gebunden ist, kann ich weiterverkaufen oder gegen eine Gebühr umbuchen. Das alles scheint mir bei Ihnen jetzt nicht gegeben. Da kann drei oder weniger Tage vor der Reise der Fahrende entscheiden, ob ich mein Geld zurück erhalte. Ist es nicht traurig, dass Sie jetzt unflexibler als die Bahn sind?
Wir sind nicht unflexibler als die Bahn. Es besteht immer die Möglichkeit, Fahrten zu stornieren. Natürlich liegt es dann im Ermessen des Fahrers – aber unsere Erfahrung damit ist, dass es hier wenig Probleme gibt.

Mitfahrgelegenheit.de funktionierte jahrelang kostenlos und ohne Registrierung und konnte so das etablierte Mitfahrzentrale.de mit seiner Registrierungspflicht ausstechen. Haben Sie keine Angst, dass Ihnen jetzt dasselbe passiert?
Nein. Mitfahrgelegenheit.de hat immer dadurch bestochen, dass es ein System ist, das sehr gut funktioniert und das von vielen Menschen genutzt wird. Das wird auch weiterhin so bleiben.

Aber vor einigen Tagen erst hat Ihr Konkurrent aus Frankreich, der wie Sie in vielen Ländern Fahrgemeinschaftsportale betreibt, einen deutschen Ableger veröffentlicht – mit Hinweis auf die Verschärfungen bei Ihnen. Da gibt es jetzt auch schon viele Fahrten im Angebot. Warum sollte ich bei mitfahrgelegenheit.de bleiben?
Wir sind die größte Plattform in Deutschland und bei uns ist die Wahrscheinlichkeit wahnsinnig hoch, dass man Mitfahrer findet und dass Mitfahrer auch Fahrer finden. Und wir bieten darüber hinaus zusätzliche Leistungen an. Unser System funktioniert seit Jahren sehr gut in Deutschland.

Bei den Vorauszahlungen fungiert Carpooling.com als Treuhänder und behält elf Prozent des Fahrpreises ein. Das klingt nach einem großen Einnahmensprung im Vergleich zur bisherigen Gratisvermittlung. Wie haben Sie sich bisher finanziert?
Bisher haben wir uns über die Vermarktung von Werbeplätzen auf der Internetseite finanziert. Aber das reicht nicht mehr aus, um ein System zu finanzieren, das so groß ist wie unseres. Wir haben heute schon über 60 Mitarbeiter, die dafür sorgen, dass das Mitfahren in ganz Europa gut funktioniert. Zudem entwickeln wir das System immer weiter. Und die Technik, die hinter einer Seite mit fast 4,5 Millionen registrierten Nutzern steht, die muss natürlich auch finanziert werden.

Wollen Sie die Neuerungen langfristig auch bei Ihren Portalen in anderen Ländern einführen?
Ja, das wollen wir tun.