Berlin (nd). Kurz vor dem Auftritt von Barack Obama in Berlin hat die deutsche Sektion von Amnesty International die Bundeskanzlerin dazu aufgefordert, die USA zur Einhaltung von rechtsstaatlichen Mindeststandards zu drängen. „Dazu gehört vor allem, Obamas Versprechen, das Gefangenenlager Guantanamo zu schließen, endlich einzulösen“, sagte[1] die USA-Expertin von Amnesty Deutschland, Maja Liebing, der „Saarbrücker Zeitung“.
Angela Merkel müsse dem US-Präsidenten „klar machen, dass das Gefangenenlager für die gesamte westliche Welt ein Schandfleck ist und Ressentiments gegen den Westen schürt“, so Liebing. Auch die USA selbst könnten sich diese „andauernde Menschenrechtsverletzung“ nicht länger leisten. Die Häftlinge in Guantanamo würden bereits seit elf Jahren festgehalten. „Und das bei den allermeisten ohne jedes Urteil, ohne jedes rechtsstaatliche Verfahren.“ Kritik äußerte Liebing ebenso daran, dass der amtierende US-Präsident den Drohnen-Krieg deutlich ausgeweitet habe. Den Drohnen-Einsätzen fehle jede völkerrechtliche Grundlage.
Ähnlich äußerte sich der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning. Er verlangte[2] in den „Kieler Nachrichten“ von Obama einen Vier-Punkte-Katalog. Der Friedensnobelpreisträger und US-Präsidenten habe „gerade auch bei der Beachtung von Menschenrechtsangelegenheiten“ in den letzten Jahres vieles bewegt. „Aber ich erwarte, dass Barack Obama nach vielen Ankündigungen endlich ernst macht mit seinem Versprechen, das Gefangenenlager auf Guantanamo zu schließen“, sagte der FDP-Poltiiker. Der US-Präsident müsse zudem dafür Sorge tragen, „dass das gezielte Töten von Menschen durch US-Kräfte außerhalb direkter Kriegsgebiete eingestellt werde“. Auch in der Frage der Todesstrafe erwartet Löning, dass Obama „zumindest die Todesstrafe bei Bundesstraftaten unterbindet“.
Vierter Punkt solle nach den Vorstellungen Lönings die umstrittene Ausforschung des Internets sein - hier erwarte er „von einem Rechtsstaat wie den USA, dass sich der US-Präsident für ein freies und geschütztes Internet einsetzt und nicht wild ausspähen lässt“. Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin drückte die Hoffnung aus, die Kanzlerin werde „dem US-Präsidenten unmissverständlich klarmachen, dass die weltweite Überwachungsoffensive der NSA inakzeptabel ist“, sagte[3] Trittin der „Rheinischen Post“.
Derweil hat der Linkenpolitiker Jan Korte seine Kritik an den Spionageprogrammen der USA und deutscher Geheimdienste erneuert[4]. „Vor einigen Tagen hat Bundeskanzlerin Merkel noch großspurig ankündigen lassen, US-Präsident Obama auf das NSA-Überwachungsprogramm PRISM ansprechen zu wollen. Niemand hat darin die Absicht erkannt, einen technischen Plausch über die jeweiligen Überwachungsprogramme zu führen. Angesichts des bekannt gewordenen BND-Programms zum Ausbau der Kommunikationsüberwachung käme jede ernsthafte Kritik einem Treppenwitz gleich“, sagte der Bundestagsabgeordnete. Offenbar seien „Speichern und Überwachen des Kommunikationsverhaltens der Bevölkerung schwarz-roter Konsens“ - sei es durch das PRISM-Spionageprogramm der USA oder durch den kleinen Bruder des BND.